Essen-Rellinghausen. . Austauschschüler Hin Sum Sam Liu aus Hongkong lebt seit September bei Gerlint Frisch und Sohn Malte in Rellinghausen. Die Organisation AFS Interkulturelle Begegnungen sucht weiterhin Gastfamilien in Essen.

Nach dem furiosen Sieg der deutschen Mannschaft gegen Portugal steht Hin Sum Sam Liu – Rufname Sam – völlig begeistert und mit verwischten Deutschland-Flaggen auf den Wangen in der Haustür: „Wir haben gewonnen!“, ruft er seiner Austauschmutter Gerlint Frisch zu und drückt damit mehr als seine Freude über ein gewonnenes Fußballspiel aus.

Sam ist längst Teil der Familie aus Rellinghausen geworden, hat hier Freunde gefunden, ist Bassist der Kirchenband „Freeway“ und beherrscht sogar das Genitiv-„s“ aus dem Effeff. „Es ist schon vorgekommen, dass er Mitschüler korrigiert hat“, sagt Malte Zuch (17), der „richtige“ Sohn von Gerlint Frisch und Bruder auf Zeit für Sam. Im vergangenen September trat der seine Reise von aus Hongkong ins Unbekannte an. „Ich wusste nicht genau, was mich erwartet. Aber ich dachte irgendwie, dass die Deutschen nicht so nett und ein bisschen kauzig sind. Zum Glück war das völliger Unsinn“, erinnert sich der 16-Jährige, der damals abgesehen von „Hallo“, „Tschüss“ kein Wort deutsch sprach.

Für die alleinerziehende Gerlint Frisch und ihren Sohn beginnt eine spannende Zeit. „Wir haben uns erst fünf Tage vor Sams Ankunft entschlossen, einen Gastschüler aufzunehmen. Da wurde das Bett von meinem Sohn in den Keller verfrachtet und bei Ikea ein Etagenbett geshoppt“, erinnert sich Gerlint Frisch. Bei einem Infoabend im Burggymnasium, das ihr Sohn besucht, hatte Paulina Schweickert vom Verein AFS Interkulturelle Begegnungen nach interessierten Gastfamilien gesucht.

Doppelte Verantwortung

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„Ich musste auf einmal die Verantwortung für zwei Teenager tragen – die beide das Chaos-Gen in sich tragen. Das war nicht allzu leicht, da ich ja auch voll berufstätig bin, aber dennoch eine Erfahrung, die ich jedem empfehlen kann“, zieht Gerlint Frisch eine Bilanz. Das Zusammenleben klappt – bis auf kleine Ausnahmen. Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass sich Sam nicht an deutsches Frühstück gewöhnen mag. Stattdessen verputzt er mitunter das vorbereitete Mittagessen schon um 9 Uhr. „In China essen wir immer warme Nudeln als erste Mahlzeit. Brot wie bei euch ist gar nicht mein Fall“, sagt Sam, der dafür eine neue kulinarische Idee mit in seine Heimat nimmt: „Ich mache den ersten Dönerladen in Hongkong auf“, verkündet der Jugendliche und lacht.

Grillen am Baldeneysee, abhängen mit seinen Freunden am Burggymnasium – Essen ist für Sam mittlerweile ein zweites Zuhause geworden. Umso schwerer wird ihm der Abschied am 5. Juli fallen, wenn er den Rückflug antritt. Dabei begleitet ihn sein „neuer Bruder“ Malte, der von Sams Familie zum Gegenbesuch nach Hongkong eingeladen wurde: „Für das WM-Finale steht Sam auch mit mir auf. Beim Anpfiff ist es in China nämlich 3 Uhr nachts“, sagt Malte.