Essen-Rüttenscheid. . Jeden Donnerstag geht es eine Stunde lang auf zum Gedächtnisspaziergang durch den Grugapark. Die Kombination aus Bewegung und Denksport soll die Merkfähigkeit der Teilnehmer verbessern.
Um viertel nach sechs trifft sich die Gruppe bei Kur vor Ort, und sofort geht’s los mit den Problemchen. Viele Teilnehmer sind das erste Mal dabei, es werden Hände geschüttelt, die Neuen und die Alten stellen sich einander vor, aber bevor Susanne Schmitz die erste Aufgabe des Abends erklärt, sind die meisten Namen längst wieder vergessen.
Termine bleiben im Kopf
Schmitz, eine Frau mit gewinnendem Lächeln, ist Fachtherapeutin für Hirnleistungstraining. Jeden Donnerstag lädt die 58-Jährige zu einem „Gedächtnis-Spaziergang“ durch den Grugapark; Bewegung und Denksport sollen Senioren helfen, lange fit zu bleiben im Kopf. Schmitz trägt Turnschuhe und eine rote Kappe, um die Hüften hat sie eine Bauchtasche gebunden, darin eine Wasserflasche. „Was wir laufen mit dem Schuh, legen wir im Kopfe doppelt zu“, sagt Schmitz über ihr Konzept. Oder, reimlos ausgedrückt: „Wenn wir uns bewegen, fällt es dem Gehirn leichter, neue Windungen anzulegen.“
Wenig später auf der Kranichwiese merken die Teilnehmer, dass das gar nicht so leicht ist: gleichzeitig zu gehen und zu denken. Paarweise sollen sie aus dem Wort „Apfelbluete“ neue Begriffe bilden. Die Damen und zwei Herren – Durchschnittsalter 75 – denken laut vor sich hin, während sie über den Rasen schlendern. „Blut“, „Pute“, „Elbe“. Schmitz macht Druck, „so, jetzt die letzten Wörter rauspressen“. Das beste Duo hat 18 verschiedene Buchstabenkombinationen auf einem Zettel notiert.
Eine von denen, die durch die Spaziergänge in Form bleiben wollen, ist Rosemarie Schakanowski (76). Die Dame aus Heisingen ist schon seit ein paar Jahren dabei und vom Nutzen überzeugt: „Ich muss mir keine Termine mehr aufschreiben, ich kann mir die auch so merken.“ Gedächtnistrainerin Susanne Schmitz hört das sicher gerne, doch hat sie keine Zeit für lange Interviews – sie bereitet schon den nächsten Programmpunkt vor. „Stellen Sie sich bitte im Kreis um mich herum“, es geht jetzt um die vermaledeiten Namen. Die Senioren sollen ihre Nebenleute benennen. Vielen ist es peinlich, dass ihnen die meisten Namen schon wieder entfallen sind. „Jetzt soll keiner lachen“, fordert Rosemarie Schakanowski. „Dann ist die Konzentration hin.“ Doch der Appell verpufft, es geht fröhlich zu in der Runde.
Allzu ehrgeizig muss keiner sein. Ein bis zwei Namen sollen sich die Teilnehmer nach diesem Abend dauerhaft merken, wer das schafft, hat das heutige Ziel erreicht. Es gebe in Deutschland einen regelrechten „Hype“ in puncto Demenz, jeder glaube, betroffen zu sein. „Die Angst ist groß“, glaubt Schmitz, die den Menschen Vertrauen in ihr eigenes Gedächtnis zurückgeben will. Klar sei aber auch: Einmal die Woche Training reicht nicht. „Wer wirklich fit bleiben will, muss auch zu Hause Übungen machen.“