Essen-Holsterhausen. . Bei der Versammlung zur Zukunft des Geländes des ehemaligen Berufskollegs Holsterhausen haben die Bürger mehr Mitspracherecht vom Allbau eingefordert. Sie fühlen sich vom städtischen Wohnungsbauer übergangen.
In Holsterhausen schlummert großer Lokalpatriotismus. Sätze wie „Ich bin schon in der Uni-Klinik geboren“ oder „ich habe mein halbes Leben hier verbracht“ waren bei der Bürgerversammlung im Melanchthon-Gemeindezentrum denn auch häufiger zu hören. Da ist es nur verständlich, dass die Bürger bei der Gestaltung und Weiterentwicklung ihres Stadtteils ein Stück weit Mitspracherecht fordern.
Im Falle des vom Allbau zu realisierenden Neubauprojekts auf dem Gelände des ehemaligen Berufskollegs fühlen sich die Holsterhauser allerdings vom städtischen Wohnungsbauunternehmen übergangen. Monatelang hatte ein Bürgerplanungstisch unter der Moderation von Peter Wehr, Vorsitzender von TVG Holsterhausen, Ideen zusammengetragen und Möglichkeiten für das Gelände ausgelotet. Obwohl noch keine konkreten Pläne auf dem Tisch liegen, befürchten die Bürger nun, dass ihre Ergebnisse nicht berücksichtigt werden. Zu den Forderungen gehören etwa eine bessere Anbindung an die Gemarkenstraße und eine luftige Bebauung mit viel Grün, „da dieser enge Stadtteil geradezu nach Weite schreit“, wie es Berthold Löbbert vom Holsterhauser Bürgerbund auf den Punkt brachte.
„Situationen, die Klartext fordern“
Die Tatsache, dass niemand vom Allbau der Einladung zur Versammlung mit rund 80 Zuhörern gefolgt war, verärgerte auch Peter Wehr. „Ich bin eigentlich ein konsensorientierter und sanftmütiger Mensch. Es gibt aber Situationen, die Klartext erfordern“, sagte Wehr, der im Anschluss den bisherigen Schriftverkehr mit dem Allbau Revue passieren ließ. So hatte der Bürgerplanungstisch vor Monaten um Einsicht in die Ausschreibungsunterlagen für einen Architektenwettbewerb gebeten, aber keine Antwort darauf erhalten. „Haben Bürger überhaupt noch die Chance, an ihrem Stadtteil mitzubauen?“, fragte Wehr. Gleichzeitig beschuldigte er den Allbau „Grundlagen einer Gesprächskultur zu missachten“.
Rainer Pflugrad, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bezirk III, mahnte dennoch an, weiter den Dialog zu suchen. „Bürger wünschen sich zunehmend einen Prozess, in dem auf sie zugegangen wird, darauf muss Politik reagieren“, so Pflugrad. Der Begriff „Bürgerbegehren“, der an diesem Abend wie ein Damoklesschwert über der Diskussion schwebte, wurde ausgerechnet durch den Auftritt von Prof. Wilfried Breyvogel, der das Messe-Bürgerbegehren mit auf den Weg gebracht hatte, etwas verschärft: „Nur mit guten Worten ist es sicherlich nicht getan. Die Bürger haben sich gründlich in den Planungsprozess eingemischt und müssen sich nun auch Gehört verschaffen, etwa durch Protestaktionen“, schlug Breyvogel vor, der auf Einladung von Wehr, seinem ehemaligen Studenten, ins Melanchthonzentrum gekommen war. Rainer Pflugrad hält davon wenig: „Die Zukunft des Geländes ist ein reines Holsterhauser Thema, an dem wir im Stadtteil arbeiten müssen. Am wichtigsten ist es jetzt, mit allen Beteiligten den Dialog zu suchen und auch von politischer Seite her zu vermitteln.“