Essen-Rüttenscheid. . Als Vorsitzende des Rüttenscheider Karnevalsvereins gehört Stephanie Brecklinghaus zu den Exoten im noch immer männerdominierten Karneval. Die fünfte Jahreszeit dauert für sie 365 Tage, nur mit Karneval feiern zwischen Weiberfastnacht und Rosenmontag ist es da nicht getan.
Diese Frau hat nicht nur an Weiberfastnacht das Sagen: Seit gut zwei Jahren ist Stephanie Brecklinghaus Vorsitzende des 1957 gegründeten Rüttenscheider Karnevalsvereins (RKV) – und in dieser Funktion als Frau im noch immer männerdominierten Karneval eine echte Exotin.
Zu Herrensitzungen wird sie freilich nicht eingeladen – ist darüber hinaus aber ein großer Fan des klassischen Sitzungskarnevals: „Da ist Karneval noch richtig traditionell, da wird das Brauchtum hochgehalten. Das gefällt mir“, sagt die 52-Jährige, die seit dem 11. November fast jedes Wochenende im närrischen Einsatz ist. Mit dem Straßenkarneval hingegen wird sie nicht warm – wenngleich sie am Rosenmontag natürlich auf dem Festwagen Platz nimmt. „Mir ist als Kind mal die Lippe aufgeplatzt, als ich beim Zug, der damals noch am Handelshof vorbeiführte, unvorbereitet von Kamelle getroffen wurde. Deswegen ist es gut, dass ich heute selbst werfen darf“, sagt Brecklinghaus und lacht.
Auch bei den Kostümen übertreibt es die oberste Närrin Rüttenscheids nicht und hält es lieber schlicht – bei offiziellen Anlässen trägt die Vorsitzende ohnehin ihr Ornat, der mit unzähligen Orden geschmückt ist. Freitag geht es zum Essener Volkskarneval in die Grugahalle, als Gast, wie Stephanie Brecklinghaus betont. Die eigene RKV-Sitzung liegt schon ein paar Wochen zurück. Nachdem früher sogar in der Philharmonie gefeiert wurde, hat der RKV seit einigen Jahren im Andreas-Saal eine Heimat gefunden. „Wir schauen uns aber zurzeit nach neuen Räumen um, da die Gemeinden aus Kostengründen ihre Säle zusammenlegen und in Folge dessen wahrscheinlich den Andreas-Saal schließen“, sagt Stephanie Brecklinghaus.
Gezieltes Netzwerken im Stadtteil
Die Suche nach einem neuen Zuhause sei gar nicht so einfach – zumal auch der RKV unter immer knapperen Mitteln und Mitgliederschwund leide. Zwar setzten sich Ehrensenatoren wie Rolf Fliß und Rolf Krane mit ihren Kontakten und sogenannten „geldwerten Vorteilen“ wie etwa dem Stiften von Wurfmaterial ein. Dennoch sei die Finanzierung zunehmend schwieriger geworden. Aufzufangen versucht Brecklinghaus das durch gezieltes Netzwerken – in der Interessengemeinschaft, beim Bürger- und Verkehrsverein und bei diversen Veranstaltungen im Stadtteil. „Es ist wichtig, in Rüttenscheid Kontakte zu knüpfen und sich gegenseitig zu helfen“, sagt die gelernte Hotelfachfrau, die seit 24 Jahren den Second-Hand-Laden „Breckis“ auf der Steeler Straße betreibt.
Das Ehrenamt erfordere eben viel Zeit und Einsatz: „Nur mit Karneval feiern ist es da nicht getan“, sagt sie. Schon am Aschermittwoch starten sie und ihre Vereinskollegen die Planung für die nächste Session. Karneval, das ist für Stephanie Brecklinghaus viel mehr als die Zeit zwischen Weiberfastnacht und Rosenmontag.