Essen-Holsterhausen. . Die Leiterin der BMV-Schule, Schwester Ulrike Michalski, zieht nach einem halben Jahr mit gemischten Klassen eine positive Zwischenbilanz. Die Spannung, die in den ersten Wochen des Schuljahres herrschte, hat sich gelegt.

Als das BMV-Gymnasium bekannt gab, nach 360 Jahren als reine Mädchenschule zum Schuljahresbeginn 2013/2014 erstmals Jungen aufzunehmen, war das schon eine kleine Sensation. Jetzt, nach einem halben Jahr des gemeinsamen Lernens, hat sich alles bereits gut eingespielt. Fragen wie „Ich hab noch gar keinen Jungen gesehen. Du?“, die in den ersten Tagen und Wochen auf dem Schulhof nicht nur einmal gestellt wurden, sind heute Vergangenheit.

„Zuerst war es für die Jungen schon ein bisschen wie im Zoo, aber die Neugier hat sich dann schnell gelegt“, schmunzelt Schulleiterin Schwester Ulrike Michalski. 57 Jungen zwischen 1100 Mädchen - das hat in der Tat etwas Exotisches und war in den ersten zwei, drei Wochen schon mächtig interessant.

Ganz bewusst habe man die Entscheidung für den gemeinsamen Unterricht angesichts der demografischen Entwicklung gefällt. „Der Zeitpunkt, als der letzte G9-Jahrgang im Sommer auslief, bot sich für diesen Schritt an“, erläutert die Leiterin. Die Zeiten, als Eltern schon am Vortag der Anmeldung mit Campingstuhl und Thermoskanne vor der Schule übernachteten, um ihrer Tochter auch ja einen der begehrten Plätze in den Eingangsklassen zu sichern, sind lange vorbei. „Es wurde einfach Zeit, dem Strukturwandel konstruktiv zu begegnen“, ist Schwester Ulrike Michalski überzeugt.

Möglichst vielen Kindern den Zugang zu einer Schule mit christlicher Werteorientierung zu ermöglichen - das sei doch erstrebenswert. Das Ziel der Ordensschwestern, die die Schule gründeten, um Mädchen den Zugang zu Bildung zu ermöglichen, sei ja inzwischen erreicht. „Aber es war für uns natürlich sehr spannend, wie groß das Interesse der Eltern sein würde, ihre Söhne bei uns anzumelden“, erinnert sich Schwester Ulrike an die Phase genau vor einem Jahr, als die Anmeldetermine für den ersten gemischten Jahrgang anstanden. „Da hatte ich schon Herzklopfen. Die ersten haben wirklich Mut bewiesen. Unter einem Drittel Jungen pro Klasse hätten wir das Ganze nicht starten können“, gibt die 53-Jährige zu, die die BMV seit 16 Jahren leitet.

Am Ende lief es viel besser als erwartet: Von den 191 Fünftklässlern sind 57 Jungen, es gibt vier gemischte und zwei reine Mädchenklassen. „Die Eltern konnten ankreuzen, ob sie eine reine Mädchenklasse oder eine gemischte wünschen oder mit beidem einverstanden wären. Zum Glück kam alles wunderbar aus“, sagt Schwester Ulrike, die gespannt ist, ob die naturwissenschaftlichen Fächer an dem traditionell eher sprachlich-künstlerisch orientierten Gymnasium in Zukunft größeren Zulauf verzeichnen werden.

Eine Herausforderung waren die neuen gemischten Klassen auch für die Lehrer. Noch nie, so die Direktorin, habe es einen so intensiven Austausch unter den Klassenlehrern gegeben wie zu Beginn des Schuljahres.

Bevor die ersten Jungen an der BMV aufgenommen werden konnten, waren einige Umbauten erforderlich, die teils aus Ordensmitteln, teils mit Hilfe des Bistums finanziert wurden. An die Turnhalle wurde ein Anbau für die Jungenumkleiden gesetzt, der gesamte Sportbereich mit Schwimmbad im Untergeschoss wurde renoviert. Einige der Mädchen-Toiletten wurden zu Jungen-WCs.

Ausschlaggebend für die Wahl der BMV sei das besondere Schulprofil, das inhaltliche Angebot, die Atmosphäre und der Umgang untereinander, den Eltern und Kinder beim Tag der offenen Tür erlebten, hat die Direktorin in Gesprächen mit den Eltern herausgefunden. Ob nur Mädchen oder auch Jungen dort unterrichtet würden, sei nicht die entscheidende Frage.

Die Schulleiterin, die auch von den Eltern der Fünftklässler positive Rückmeldung erhalten hat, empfindet die Jungen als „ausgesprochen bereichernd“. „Gerade im Deutschunterricht ist die männliche Perspektive oft erfrischend. Jungen urteilen ganz anders über Charaktere“, hat sie festgestellt. „Aufgegeben hat kein Junge“, schmunzelt die Direktorin. Jetzt sieht Schwester Ulrike Michalski gespannt den Anmeldeterminen ab 7. Februar entgegen. „Stabile Fünfzügigkeit“ wünscht sie sich. Denn die mutigen Jungs brauchen ja im Sommer Verstärkung.