Essen-Rüttenscheid. Das Jagdhornbläserkorps Leo Fehrenberg der Essener Kreisjägerschaft ist bundesweit renommiert. 40 Musiker haben nun eine Weihnachts-CD aufgenommen: Trotz moderner Navigation gehören die Instrumente bei einer traditionellen Jagd dazu, weiß Jürgen Heck, der schon Beitz und Krupp zur Jagd begleitete.
Schwaches Licht scheint am Ende des Külshammerweges durch die Bäume. Gedämpft dringen Jagdhornklänge nach außen: Es ist heimelig, hier am Haus des Waldes am Rande des Grugaparks, dem Zuhause der Essener Kreisjägerschaft.
Weihnachtsklassiker wie „Macht hoch die Tür“, „O du Fröhliche“ und „Tochter Zion“ werden von Männern und Frauen in waidmannsgrünen Trachten kraftvoll in die Jagdhörner geblasen. An den Wänden hängen eindrucksvolle Jagdtrophäen, in Vitrinen sind ausgestopfte Waldbewohner ausgestellt, die der Stadtmensch selten zu Gesicht bekommt.
Auftritt für Heuss und Selassie
Einige der gut 40 Musiker kommen seit Jahrzehnten hierher. Aus dem gesamten Stadtgebiet, Mülheim, Oberhausen und sogar Meschede reisen sie jeden Donnerstag zur Probe an. Das 1946 von Leo Fehrenberg gegründete Jagdhornbläserkorps ist eine Bastion des Brauchtums – und bei Kennern der Szene bundesweit bekannt. So spielten sie vor den Bundespräsidenten Theodor Heuss, Karl Carstens und Richard von Weizsäcker sowie vor dem letzten Kaiser Äthiopiens, Haile Selassie.
Zuletzt gaben sie im August ihrem großen Schirmherren und Förderer Berthold Beitz das letzte Geleit. Einer, der die großen Söhne der Stadt, Berthold Beitz und Alfried Krupp, regelmäßig bei der Jagd begleitete, ist Jürgen Heck. Der Kettwiger ist schon seit 1957 bei den Jagdhornbläsern, war von 1984 bis 2004 musikalischer Leiter. Als Jugendlicher entschied er sich ganz bewusst für das ungewöhnliche Hobby, nachdem sein Vater beruflich von Bielefeld nach Essen versetzt worden war: „Ich war schon immer ein naturverbundener Mensch, da hat mich die Vorstellung an diese große Stadt Essen damals als junger Kerl zunächst beängstigt. In der Jagd und der Musik habe ich einen Weg gefunden, raus zu kommen“, erinnert sich der 75-Jährige.
Hüter und Pfleger des Waldes
Die Bläser waren damals zwingend nötig, schon aus organisatorischen Gründen – ohne GPS und Handy mussten sich die Männer bei größeren Treibjagden schließlich untereinander zu verstehen geben. „Da wurden wir häufiger von Krupp angefragt, der ein guter Jäger war“, sagt Heck. Berthold Beitz unterstützte die Kreisjägerschaft Zeit seines Lebens, u.a. mit größeren Spenden für das Haus des Waldes. „Er hat die Natur geliebt“, sagt Heck. 1992 stand Beitz schließlich auch Pate für den Landeswettbewerb im Jagdhornblasen in der Gruga, an dem damals 3000 Musiker teilnahmen. Auch heute noch sei das Instrument trotz moderner Navigation wichtiger Bestandteil der traditionellen Jagd: „Zu Ehren des erlegten Tieres“, wie Jürgen Heck erklärt.
Denn die Musiker, die fast allesamt einen Jagdschein besitzen, sehen sich in erster Linie als Hüter und Pfleger des Waldes – eine Aufgabe, die parallel zum Flächenverbrauch durch die Landwirtschaft gestiegen ist: „Eine Hauptbeschäftigung ist vor allem, Wild zu erkennen und zu zählen, nicht allein, es zu jagen. Vom Gesetz her sind wir zur Wahrung eines artenreichen Wildbestandes verpflichtet“, erklärt Frank Berns. 1000 Mitglieder zählt die Essener Kreisjägerschaft aktuell, Nachwuchsprobleme gibt es im Jagdbereich kaum. 20 bis 30 Jäger, darunter immer mehr weibliche Interessentinnen, werden pro Jahr ausgebildet. Und wer weiß, vielleicht steht in Zukunft eine Renaissance des naturverbundenen Hobbys an: „Alle die, die heute golfen, sind früher zur Jagd gegangen“, sagt Jürgen Heck und lacht.