Essen-Südviertel. . Wenn Paul Pfeiffer am 1. Dezember sein Atelier in unmittelbarer Nähe zur Philharmonie eröffnet, darf er sich zu den jüngsten Geigenbauern der Stadt zählen. Die Liebe zum Handwerk und zur Musik treiben den 33-Jährigen an.
Geige Nummer zehn liegt auf dem Tisch. Mit der Akribie eines Chirurgen legt Paul Pfeiffer noch einmal Hand an, spannt die Saiten. Und beginnt zu schwärmen. Von tragenden, lauten Klängen, die einen riesigen Konzertsaal erfüllen müssen. Davon, dass jedes noch so kleine Bauteil, jeder feine Unterschied im Fichtenholz hörbar ist.
Während Pfeiffer spricht, dringt leise klassische Musik aus den kleinen Boxen. Im CD-Regal darüber findet sich zwischen Puccini, Callas und Mahler musikalisch so ziemlich alles, was vorzugsweise gestrichen wird. „Die Begeisterung für die Klassik begann etwas zeitgleich mit dem Interesse am Geigenbau“, sagt Pfeiffer. Wenn der 33-Jährige am 1. Dezember sein Atelier an der Kleiststraße – fast vis-á-vis zur Philharmonie – eröffnet, darf er sich wohl zu den jüngsten Geigenbauern der Stadt zählen.
Essen als Musikstadt des Reviers
Dabei entdeckt der in Schonnebeck aufgewachsenen Geigenbauer seine Leidenschaft für die Königin der Streichinstrumente recht spät. Mit 19 Jahren beginnt er, zunächst, selbst Geige zu spielen. Beruflich steht zu dieser Zeit noch ein Soziologie-Studium an. „Ich habe schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist. Ich wollte etwas Handwerkliches machen“, erinnert sich Pfeiffer, der sich schließlich Tipps bei Geigenbaumeister und Traditionsbetrieb Bartsch holt, der seit 1903 in Essen sitzt. Der empfiehlt ihm die Ausbildung an der staatlichen Schule für Musikinstrumentenbau in Mittenwald – die auf eine 150-jährige Geschichte zurückblicken kann. „Etwa die Hälfte aller deutschen Geigenbauer“, schätzt Pfeiffer, „hat dort gelernt.“ Pro Semester werden sechs neue Geigenbauer aufgenommen, die neben dem handwerklichen und künstlerischem Geschick auch musikalische Fähigkeiten an der Geige mitbringen müssen.
Dreieinhalb Jahre setzt sich Paul Pfeiffer anschließend in den bayerischen Alpen mit der Geige auseinander, studiert sie bis ins kleinste Detail. 2010 legt er seine Gesellenprüfung ab, macht sich kurze Zeit später selbstständig, damals noch in der heimischen Werkstatt. „Durch die Musikhochschule Werden, Folkwang und die Philharmonie bietet Essen in der weiten Umgebung einen guten Standort für das Atelier“, begründet er seine Entscheidung, sich zu vergrößern.
Zielgruppe sind vor allem Musik-Studenten. Wenngleich die handgefertigten Geigen ob des immensen Arbeitsaufwandes – bis eine Geige vom ersten Arbeitsschritt bis zur eigens angerührten Lackierung fertig gestellt ist, vergehen bis zu 300 Stunden – natürlich ihres Preis haben. Bis zu 10 000 Euro kostet eine Geige von Pfeiffer. Am Ende, sagt der Experte, komme es aber selbst beim teuersten Geigen-Fabrikat, der Stradivari, vor allem auf den Musiker an: „70 bis 80 Prozent des Klangs macht der Spieler aus.“