Essen-Rüttenscheid. . Am Wochenende startet die fünfte Auflage des Festivals „Inclusiv“ auf der Rü-Bühne. Dessen Protagonisten wollen vor allem eines: ernst genommen werden.

„Das ist kein Festival, wo man einem Behinderten eine rote Clownsnase aufsetzt und alle Zuschauer mitleidig klatschen. Das ist anspruchsvolles und richtig gutes Theater“, nimmt Sonder- und Theaterpädagoge Thomas Kittler kein Blatt vor den Mund. Am Wochenende fällt auf der Rü-Bühne der Startschuss für die fünfte Auflage des integrativen Theater-, Musik und Tanz-Festivals „Inclusiv“. „Das war damals noch ein innovativer Name, als der Begriff ,Inklusion’ noch keinen Bart hatte“, sagt Antje Domeier von der Rü-Bühne, die das Festival, das in diesem Jahr wieder vom Land NRW gefördert wird, gemeinsam mit Fritz Jäger organisiert.

30 Trommler aus der Region

Auch interessant

Nicht in die Jahre gekommen ist die Intention des Festivals, das in diesem Jahr mit zwölf Gruppen so groß ist wie nie zuvor. „Wir wollen Vorurteile abbauen und den Menschen professionelle Bühnen-Bedingungen bieten. Das haben sie verdient“, sagt Domeier. Ein Konzept, das nicht nur in Essen viele Interessenten findet. Das renommierte Theater „Götterspeise“ aus Bielefeld hat sich ebenso angekündigt wie die „Opernwerkstatt am Rhein“ – „eine Kölner Gruppe, die sich ausschließlich aus Profi-Schauspielern zusammensetzt, die im Laufe ihres Lebens eine Behinderung erlitten“, wie Fritz Jäger erklärt. Menschen, denen die Bühne wieder eine Perspektive gegeben hat. Wie einem spastisch gelähmten Schauspieler und Dramaturg aus der „Götterspeise“, dessen Stücke und Texte so sehr überzeugten, dass er für das Jugendensemble der Rü-Bühne ein Jahr lang jeden Tag im Rollstuhl mit dem Zug von Bielefeld nach Essen kam.

Oder die Gruppe „Rendezvous des Tambours“ aus Essen und Velbert, die das Festival am Freitag, 15. November, um 20 Uhr eröffnet. 30 rhythmikbegeisterte Menschen – jung, alt, behindert, nichtbehindert – haben sich mit ihrer Show „African Melody Percussions“ schon überregionalen Ruf ertrommelt. „Wir haben oft erlebt, dass eine Behinderung auf der Bühne von Vorteil sein kann. Einige Schauspieler mit Down-Syndrom etwa sind richtige Rampensäue, die komplett aus sich raus gehen“, sagte Antje Domeier.

Mehr Besucher-Zuspruch erwünscht

Berührungsängste überwinden – das haben auch die Schüler des Jugendtheaters der Parkschule geschafft, die am 17. November um 15 Uhr ihr Stück „Stress Café“ zeigen. „Meine Schüler meinten erst, sie seien doch nicht behindert, warum sie denn beim Festival mitmachen sollen. Als ich ihnen gezeigt habe, welche guten Gruppen noch dabei sind, hat sich ihre Meinung geändert“, sagt Thomas Kittler, der das Stück mit ihnen einstudiert hat.

Antje Domeier würde sich auch von Zuschauerseite noch mehr Zuspruch wünschen: „Wir sind zwar stetig gewachsen, es dürften aber gern noch ein paar Besucher mehr werden. Die Vorurteile sind leider immer noch da, dass das keine ernstzunehmende Kunst ist. Das Gegenteil ist der Fall.“