Essen-Rüttenscheid. . Seit 2006 sichern Klaus-Dieter Meier und zwölf weitere Senioren samstags den Übergang an der „Rü“. Der 66-Jährige will damit „etwas zurück geben“. Mittlerweile gehören die Ehrenamtlichen längst zum Straßenbild - und haben geholfen, das Unfallrisiko zu senken.

Samstags gehören sie mittlerweile ebenso fest ins Rüttenscheider Straßenbild wie der Markt und das hektische Gewusel zwischen Stern und Martinstraße: Seit sieben Jahren regeln einige Senioren ehrenamtlich den Verkehr an einem der gefährlichsten Zebrastreifen im Quartier, den Übergang nahe der Kreuzung Christoph-/Dorotheenstraße.

Klaus-Dieter Meier ist seit der Geburtsstunde des bis heute bundesweit einmaligen Projekts dabei. Der 66-Jährige will einfach „etwas zurückgeben“, sagt er. 40 Jahre lang arbeitete er als Werksleiter bei Evonik Goldschmidt und suchte während seines Vorruhestands eine „sinnvolle Freizeitgestaltung“, erinnert er sich. Eine Anzeige von Verkehrswacht und Seniorenbeirat machte ihn damals neugierig. Gesucht wurden darin Ehrenamtliche, um die gefährliche Situation an der Rüttenscheider Straße zu entschärfen. „In regelmäßigen Abständen sind damals auf der Rüttenscheider Straße Unfälle passiert, einer davon endete tragischerweise tödlich“, weiß Meier.

Mit 24 Ehrenamtlichen, die zuvor zwei Tage lang von der Polizei in der Gruga zu Verkehrshelfern ausgebildet wurden, ging das Projekt im Januar 2006 an den Start. Dabei sind die Senioren in ihren neongelben Warnwesten alles andere als Hilfspolizisten: „Unser Handlungsspielraum ist eng begrenzt. So dürfen wir den Verkehr mit der Kelle nur anhalten, aber niemanden ermahnen oder ihm Anweisungen geben“, erklärt Meier. Auch, wenn er es sich letzteres insgeheim manchmal wünschen würde: „Manche Autofahrer sind doch recht rücksichtlos in ihrem Verhalten“, weiß Meier. Auch blöde Sprüche müssen sich die Senioren, die immer in zwei Schichten mit jeweils zwei Personen von 10 bis 13 Uhr ihren Dienst leisten, mitunter anhören. „Hast du nichts Besseres zu tun?“, sei eine Frage, die er ab und an in abfälligem Tonfall gestellt bekomme.

„Zur Weihnachtszeit kriegen wir auch oft Plätzchen zugesteckt“

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Dabei ist der Samstags-Einsatz sinnvoll. Vor allem andere Senioren können mit größerem Sicherheitsgefühl die Straße überqueren, das Unfallrisiko ist deutlich gesunken. Ein Großteil der Bürger lobe das Engagement, ein kurzer Plausch mit den Verkehrshelfern zwischen Bäcker- und Marktbesuch gehöre für einige einfach dazu. „Zur Weihnachtszeit kriegen wir auch oft Plätzchen und Schokolade zugesteckt“, sagt Meier und lächelt.

Was ihn eher stört als ein paar blöde Bemerkungen, ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Politik das ehrenamtliche Engagement mittlerweile betrachte. „Wir brauchen mehr Leute und könnten deswegen etwas mehr Unterstützung gebrauchen“, so Meier. Im vergangenen Jahr erst gab eine langjährige Helferin im Alter von 83 Jahren auf. „Anderthalb Stunden bei Wind und Wetter draußen zu stehen, ging bei ihr gesundheitlich einfach nicht mehr“, weiß Meier, der die Schichten in Koordination mit der Verkehrswacht organisiert. Der Einsatz basiert auf Freiwilligkeit - und wird mitunter auch abgesagt, etwa wenn es wetterbedingt ohnehin niemanden auf die „Rü“ zieht. Klaus-Dieter Meier und seine Mitstreiter würden sich über neue Gesichter freuen. Als kleines Dankeschön werden ab und an Ausflüge, etwa in den Grugapark, unternommen.

Karl-Heinz Webels, Leiter der Essener Verkehrswacht, der das Projekt damals auf den Weg brachte, lobt das langjährige Engagement: „Es würde mich freuen, wenn wir dieses Projekt auf andere Stadtteile ausweiten könnten. Dafür müssten sich aber weitere Ehrenamtliche melden.“