Essen-Rüttenscheid. . Trotz zahlreichen Rückschlägen hat sich der Essener Saxofonist Wolf Codera nie unterkriegen lassen. Seine Veranstaltungsreihe Session Possible hat innerhalb von drei Jahren auch über die Grenzen Essens hinaus eine große Fangemeinde hervor gebracht.
„Was ist da denn los, ist doch gerade mal Montag“, sagt eine junge Frau verdutzt zu ihren beiden Freunden, mit denen sie am Lorenz vorbeischlendert. Hinter dem Scheiben legt eine DJane Clubsounds auf, drinnen wird es langsam voll: Die „Codera-Mania“ greift um sich, längst hat Essens wohl bekanntester Saxofonist eine feste Fangemeinde aufgebaut. Auf den Tag genau drei Jahre alt wird seine „Session Possible“ in Essen, der 51-Jährige wirkt zufrieden. 300 Leute kommen im Schnitt zu den Veranstaltungen, die von Coderas guter Vernetzung im Musikgeschäft profitieren.
Musik als Heilmittel
Dass er es soweit geschafft hat, ist für den Musiker, der eigentlich Mediziner werden wollte, ein Glücksfall. Während seines Studiums erkrankt er an Sarkoidose, einer schweren Lungen-Krankheit. Wegen seiner eingeschränkten Atmung muss er das Saxofon an den Nagel hängen. Codera beginnt, Musik für Radio und Fernsehen zu komponieren. Dabei lässt sich der Vollblutmusiker von seiner Krankheit nicht einschüchtern, entwickelt schließlich die sogenannten „Reso-blade“ Scheiben. Damit werden die Deckel des Saxofons durch dünne Metallscheiben ersetzt - wodurch weniger Luft zum Spielen nötig ist.
Coderas Session Possible
Erst 17 Jahre nach der folgenschweren Diagnose wagt sich Codera wieder selbst auf die Bühne, nimmt 1999 an einem Casting für die Deutschland-Tournee der Klassikstars Anna Maria Kaufmann und Peter Hofmann, den „Stimmen aus dem Phantom der Oper“, teil. „Denen hat mein brettiger Alt-Saxofon-Sound gefallen. Für mich war die Tour ein Meilenstein“, sagt Codera. Er begegnet Weltstars wie Stevie Wonder, fasst Mut und beginnt, ein Netzwerk aufzubauen. Die ersten Sessions gehen 2002 in Witten über die Bühne, mit dabei sind Schlagzeuger Martin Stöck von Pur und TV-Total-Bassist Claus Fischer. „Wir haben festgestellt, wie viel Spaß es macht, zu experimentieren und das zu spielen, worauf wir Lust haben“, sagt Codera.
2008 verlagert er seinen Lebensmittelpunkt nach Essen, nachdem bei ihm Nierenkrebs diagnostiziert wurde. „Mein Freund und Musikerkollege Igor Albanese vermittelte den Kontakt zu Professor Rübben von der Uni-Klinik, der mich später behandelte“, erinnert sich Codera, der heute in Rüttenscheid lebt. Zur Genesung macht er das, was ihm immer geholfen hat: Musik. 2010 steigt die erste Session in Essen, an jedem vierten Montag ist Codera mittlerweile in abwechselnden Rüttenscheider Locations zu hören.
Im Lorenz hat er am Montag gleich zwei Bühnen aufgebaut, die sich die Sänger Andrea Lopez, Marvin Brooks und Charles Simmons mit der vierköpfigen Band und natürlich Wolf Codera teilen. Die Zuhörer gehen mit bei Klassikern wie „Love’s Divine“ von Seal oder „You make it real“ von James Morrison. Starke Soulstimmen, dafür steht die Session mittlerweile. Die Fangemeinschaft ist eingeschworen, bringt es Zuschauerin Bettina Nieß auf den Punkt: „Seit November 2011 besuche ich fast jede Session. Mittlerweile kann ich auch allein herkommen, viele Leute kennt man mittlerweile.“