Haarzopf. . Die Betreiberinnen der Haarzopfer „Fachkultur“ beobachten einen neuen Trend zum Nähen. Erst vermieteten sie Fächer an Kreative, jetzt organisieren sie vorwiegend Nähworkshops. Auch Kinder haben Spaß am Umgang mit Fußpedal und Faden.
Als Melanie Lichtenberg und Vanessa Pfohl vor gut einem Jahr ihren Laden „Fachkultur“ an der Humboldtstraße eröffneten, wollten sie Kreativen einen Raum für selbst Gestaltetes und Genähtes, für Seifen, Gürtel, Schmuck, Taschen, Holzkunst und mehr bieten. Eine hübsche Idee - und dazu erfolgreich. Rund 70 Kreative nutzten die Chance, ihre Sachen zu präsentieren. Sie mieteten Regalfächer für jeweils drei Monate an, um ihre Produkte zu zeigen und zu verkaufen. Sogar aus Ungarn nahm eine Kreative das Angebot wahr.
„Das war schon eine sehr vielfältige Präsentation, aber wir haben uns selbst sehr zurückgenommen, auch weil der Verwaltungsaufwand immens war“, erinnert sich Melanie Lichtenberg. Die 30-Jährige ist alleinerziehende Mutter und neben ihrem Engagement für „Fachkultur“ voll berufstätig. Über die Vermietung der Boxen sei die eigene Kreativität irgendwie zu kurz gekommen.
Das haben die beiden Frauen, die sich inzwischen die Werbekauffrau und Kindermode-Designerin Iola Fasolo-Weiß mit ins Boot geholt haben, jetzt geändert. Statt Fächer zu vermieten, haben die Frauen ihr freundlich-farbenfroh gestaltetes Ladenlokal in Haarzopf, in dem sich früher ein Frisörsalon befand, jetzt in eine Nähstube umgewandelt. Sie verkaufen Stoffe, Bänder, Knöpfe, Schnittmuster und Nähzubehör aller Art, bieten aber vor allem Nähkurse und Workshops an - für Erwachsene, aber immer häufiger auch für Kinder. „Immer mehr Menschen wollen sich selbst etwas nähen. Nicht in erster Linie um Geld zu sparen, denn mit Stoff, Zubehör und der eigenen Arbeitszeit sind die Sachen ja nicht wirklich billiger als gekaufte. Die Leute wollen einfach selbst kreativ werden und freuen sich, wenn sie ein Stück fertiggestellt haben“, erklärt Melanie Lichtenberg.
Auch der Nachwuchs sei inzwischen im Nähfieber. „Wichtig ist, dass die Kleinen ein fertiges Teil nach dem mehrstündigen Workshop mit nach Hause nehmen können. Dann sind sie glücklich und stolz“, betont Vanessa Pfohl (35), selbst Mutter von drei Kindern zwischen drei und sieben Jahren. Ein Armband, eine Haarspange, ein Stofftier - selbst geschaffene Einzelstücke bereiten viel mehr Freude als Billigware aus der Fabrik. Eine Erkenntnis, die auch unter pädagogischen Gesichtspunkten nicht unwichtig sei, finden die Frauen. Und die motorischen Fähigkeiten der Kinder fördere das Nähen ja auch.
„Wenn man selbst näht und merkt, wie viel Mühe das bereitet, steigt auch der Respekt vor dem fertigen Teil, sei es Kleidung oder Spielzeug“, sagt Pfohl. Sie und ihre Kolleginnen organisieren auch gerne einen Mehrgenerationen-Nähnachmittag, einen Freundinnen-Treff mit Nähen, Sekt und Kuchen oder einen kreativen Kindergeburtstag. Nähmaschinen kann man bei Bedarf im Laden leihen. „Und ein bisschen Maschinen- und Material-Kunde vermitteln wir auch“, verspricht Vanessa Pfohl.