Haarzopf. . Die Schäden an der ev. Kirche Haarzopf an der Raadter Straße sind schlimmer als befürchtet. Das Gotteshaus ist einsturzgefährdet. Die Sanierung würde eine Million Euro kosten und Jahre dauern. Jetzt hofft die Gemeinde auf Zuschüsse.

Die Lust auf Feiern ist den Verantwortlichen der ev. Gemeinde Haarzopf gründlich vergangen. Eigentlich stand in diesem Jahr das 100-jährige Bestehen des Gotteshauses an der Raadter Straße auf dem Programm - und man wollte die Kirche deshalb ein bisschen „aufhübschen“. „Für einen neuen Anstrich und ein paar Schönheitsreparaturen hätten wir 80 000 Euro ausgegeben. Da haben wir vorsichtshalber einen Statiker dazu gerufen“, sagt Wolfram Heinen, Vorsitzender des Presbyteriums. Der Statiker hatte schlechte Nachrichten: Die Holzleimbinder-Konstruktion, die das Gewölbe der unter Denkmalschutz stehenden Kirche hält, ist total marode.

Glocken läuten nicht mehr

Feuchtigkeit, Fäulnis, Erschütterungen, Holzwürmer und Käfer hatten der Konstruktion über Jahre zugesetzt und Risse verursacht.

Damit der Gutachter die Schäden genau inspizieren konnte, mussten zuerst Leitern und Gänge über der Decke so instand gesetzt waren, dass man sie wieder begehen konnte. Viel schlimmer hätte der Gutachterbericht nicht ausfallen können: Die Kirche ist einsturzgefährdet. Seit Monaten ist sie geschlossen, das Außengelände inzwischen mit Flatterband abgesperrt. In Kürze soll ein Bauzaun aufgestellt werden. „Im Grunde müssen wir froh sein, dass die Schäden entdeckt wurden, bevor etwas passiert ist“, versucht Pfarrerin Elisabeth Müller der Situation etwas Positives abzugewinnen.

In der Kirche herrscht irgendwie Aufbruchstimmung. Die Glocken dürfen nicht mehr läuten, weil die Erschütterungen zum Einsturz führen könnten. Die Orgel ist dick verpackt in Folie, die beheizbaren Sitzkissen, Bänke und der Taufteppich werden weggeschafft und eingelagert. Silbergeschirr, Vasen und Deko-Gegenstände bringen die Mitarbeiter ins Gemeindezentrum Fulerum, wo derzeit die Gottesdienste der Gemeinde stattfinden. „Das ist keine Dauerlösung. Wir brauchen Raum für 500, 600 Leute“, so die Pfarrerin. Zur Konfirmation im Mai komme man erstmal bei den Bredeneyer Nachbarn in der Kirche am Heierbusch unter. Aber auch das ist zeitlich begrenzt, denn dieser Kirche droht der Abriss.

Bis die Haarzopfer ihre eigene Kirche wieder nutzen können, wird es dauern. „Wenn wir uns zur Sanierung entschließen, wird die zwei bis drei Jahre dauern“, so Müller. Um Zeit zu gewinnen, wird die Gemeinde bald eine Konstruktion aus Stahlspannseilen anbringen lassen. Die drückt die Gewölbehälften zusammen, damit die Seitenwände nicht nach außen wegbrechen. „Dafür investieren wir rund 15 000 Euro“, sagt Heinen.

Rund eine Million Euro wird die Renovierung kosten. „Das können wir als Gemeinde nicht stemmen“, weiß Pfarrerin Müller. Sie hofft, dass der Antrag auf Zuschüsse beim Bundesbauministerium genehmigt wird. „Da könnten wir, wenn es gut läuft, 440 000 Euro bekommen“, erläutert Müller. Landeskirche, Bezirksregierung und der stellvertretende Bezirksbürgermeister Liebeskind (CDU) hätten sich bereits für das Vorhaben eingesetzt. Müller: „Um in Berlin etwas zu erreichen, brauchen wir auch die Unterstützung unserer SPD-Bundestagsabgeordneten Petra Hinz.“ Auch auf Gelder der Stiftung Denkmalschutz hoffe man. „Wir müssten dann trotzdem noch eine halbe Million Euro aufbringen. Das wird schwer genug. Wenn wir keine Zuschüsse bekommen, müssen wir die Kirche abreißen lassen“, so Müller. Im Grunde habe das Gotteshaus - eine Mischung aus Art Deco und expressionistischen Elementen - nur noch Schrottwert. Dabei galt es wegen der Holzleimbinder-Konstruktion, die jetzt die Probleme verursacht, damals als erster moderner Kirchenbau in der Rheinprovinz.

Gibt es die Zuschüsse, will die Gemeinde die Sanierung trotz der hohen Kosten in Angriff nehmen. „Würde die Kirche abgerissen, müssten wir eine Kapelle plus Aufbahrungsraum für den angrenzenden Friedhof bauen. Und das würde wohl auch eine halbe Million kosten“, ist Müller überzeugt.