Rellinghausen. . Nach langen Verhandlungen zwischen Stadt und Stadttochter GSE soll jetzt der Vertrag über den Verkauf des alten Rathauses Rellinghausen an der Frankenstraße perfekt sein, hat die Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald erfahren, die sich viele Jahre für den Erhalt des geschichtsträchtigen Gebäudes eingesetzt hatte. Die GSE hatte vor geraumer Zeit angekündigt, sie wolle das Haus renovieren und dort Tagespflegeplätze einrichten.
„Für uns und für die Bürger Rellinghausens war das ein echtes Weihnachtsgeschenk: Am 16. Dezember wurde nach unseren Informationen der Kaufvertrag für das alte Rathaus Rellinghausen nach fast zweijährigen Verhandlungen zwischen Stadt und Stadttochter GSE notariell beglaubigt“, sagt Johannes Stoll, Vorsitzender der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald. Für die Bürgerschaft hat damit ein jahrelanger Kampf um den Erhalt des seit über zehn Jahren leerstehenden, denkmalgeschützten Gebäudes an der Frankenstraße an gutes Ende gefunden.
Die Stadttochter GSE (Gesellschaft für soziale Dienstleistungen Essen) hatte vor rund zwei Jahren angekündigt, das renovierungsbedürftige Gebäude kaufen und dort Tagespflegeplätze einrichten zu wollen. Wegen der Weihnachtsferien war gestern weder von der Stadt noch von der GSE eine Stellungnahme zu bekommen.
Für viele Bürger ist das alte Rathaus ein Stück Stadtteil-Identität. „Ich habe 1968 hier geheiratet“, sagt Hermann-Josef Lenze vom Vorstand der Bürgerschaft. Erst 1981 sei das Standesamt dort geschlossen worden. „Ende 2003 stand das Rathaus plötzlich im Internet zum Verkauf“, erinnert sich Stoll. Die Bezirksvertretung II habe daraufhin einstimmig die Rücknahme der Ausschreibung erwirkt. Anfang 2004 hätten die Bezirksvertreter Hermann-Josef Lenze (CDU), Peter Lankes (SPD) und Matthias Klahold (Grüne) sowie Johannes Stoll von der Bürgerschaft eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich Gedanken über die künftige Nutzung des Gebäudes machte. Ergebnis : Die Bezirksverwaltungsstelle und das Bürgeramt Rüttenscheid sollten in das stadteigene Haus ziehen, statt weiter angemietete Räume zu nutzen. „Die Ersparnis hätte man in die Sanierung stecken können“, so Lenze.
Die Stadt habe das abgelehnt. Gleichzeitig sei die Kostenschätzung für die Sanierung von 250 000 Euro auf über eine Million Euro angewachsen. 2008 überreichte die Werbeinitiative Rellinghausen dem damaligen Oberbürgermeister Reiniger über 1800 Unterschriften gegen den Rathaus-Verkauf.
Auch eine erneute Ausschreibung des Objekts 2010, dieses Mal unter Berücksichtigung der Denkmalauflagen, blieb erfolglos. „Zum Glück hat sich dann die GSE bereit erklärt, den Kaufpreis zu zahlen. Wir freuen uns, dass die Sache jetzt endlich in trockenen Tüchern ist und würden uns freuen, wenn die GSE ihre Pläne bei uns im Blücherturm vorstellen würde“, sagt Stoll. Die Bürgerschaft habe die GSE mit Unterlagen, Zeichnungen und Kalkulationen so weit wie möglich unterstützt.
Das Rellinghauser Rathaus wurde 1876 gebaut. Der Bau war gleichzeitig mit der Errichtung der Bürgermeisterei Rellinghausen beschlossen worden. Damals verkaufte Rellinghausen den Bereich um die Spillenburg an Steele, um mit dem Erlös den Rathaus-Bau zu finanzieren. Mit dem Projekt wurde nach einer öffentlichen Ausschreibung der Architekt Friedrich Kunhenn beauftragt. Das Baugrundstück lag an der 1848-51 gebauten Provinzialstraße, der heutigen Frankenstraße. Der Neubau wurde am 1. November 1877 bezogen.
Neben der allgemeinen Verwaltung wurden vom Rathaus aus auch Wahl- und Katasterangelegenheiten sowie Personalsachen geregelt. Handelskammer, Gewerbegericht, Impf- und Rechnungswesen, Steuer- und Polizeisachen, Melde- und Bauamt, Standesamt und Gemeindekasse waren dort unter anderem untergebracht.
Zuerst befand sich auch die Bürgermeisterwohnung in dem Haus. Später wurde es dort zu eng und so baute man nebenan ein zweites Dienstgebäude im ähnlichen Stil, das 1903 bezogen wurde. Dort zog der Bürgermeister ein. Bei der Eingemeindung Rellinghausens 1910 fielen die Gebäude an die Stadt Essen. In den folgenden Jahrzehnten beherbergte das Gebäude bis 1999 diverse Ämter.