Südostviertel. Eine Gruppe chinesischer Erzieher besuchte die Kita Kinderkiste und informierte sich über die frühkindliche Bildung in Deutschland.

Wie funktioniert eigentlich frühkindliche Bildung in Deutschland? Mit dieser Frage befassen sich chinesische Erzieher seit einigen Jahren. Im Rahmen einer Kooperation mit der Kindergartenakademie in Lippstadt findet seit fünf Jahren ein regelmäßiger Austausch in Form von Vorträgen und Weiterbildungen in Peking statt. Nun besuchte zum ersten Mal eine Delegation aus China deutsche Kindergärten wie die Kita Kinderkiste. „Ich bin Dozentin bei der Kinderakademie und darüber ist der Kontakt entstanden“, erklärt Jutta Behrwind. Sie und ihr Mann Heinz sind Träger der Kita an der Saarbrücker Straße. „Dieser Besuch ist für uns eine ganz spannende Angelegenheit, weil wir gar nicht wissen, wie unsere Einrichtung von den Gästen aus Peking aufgenommen wird.“

Die Kita Kinderkiste sei die erste U3-Einrichtung, die als Bewegungskita mit der Auszeichnung „best practice“ zertifiziert wurde. „Unser Schwerpunkte sind Bewegung und Experimentieren“, erklärt Jutta Behrwind. „Durch unsere Qualifikation kommen oft Kollegen zu uns, die sich die Einrichtung ansehen.“ Deshalb seien die Kita-Kinder fremde Menschen gewohnt. Das zeigte sich im Umgang mit der Gruppe aus China. Die Kinder zeigten keinerlei Scheu und ließen sich gern auf den Arm nehmen oder fotografieren.

Während in der Kita Kinderkiste 20 Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren untergebracht sind, sehen die Zahlen in China deutlich anders aus. „Unsere Kitas fassen mindestens 500 Kinder, in der Regel aber um die 1000 auf rund 4000 Quadratmetern“, sagt Dolmetscherin Wei Xuan. Pro Gruppe seien dies 30 Kinder mit zwei bis drei Erziehern. Der Alltag dort sei streng durchstrukturiert und dauere viel länger als in Deutschland. „Die Kinder kommen gegen 8 und werden meist zwischen 16.30 und 17 Uhr von den Eltern abgeholt.“

Zwar hätten die Kinder dort auch freie Zeiten, aber aufgrund der Masse und gesetzlicher Richtlinien gebe es mehr Pflichtprogramm. „Die Kinder müssen mindestens zwei Stunden am Tag draußen sein“, erklärt Wei Xuan. Eine Stunde Sportunterricht sei ebenfalls Pflicht. Die U3-Betreuung sei in China gerade im Aufbau. Ein chinesischer Kitatag dauere in der Regel zehn Stunden. „Das ist in Deutschland gar nicht erlaubt“, erklärt Jutta Behrwind den Gästen.

„Die Gruppe ist bei uns deutlich aufgetaut“, stellt Heinz Behrwind fest. „Sie sind wirklich an allem interessiert, machen Fotos und Videos.“ Ganz genau nahmen die chinesischen Gäste Spielgeräte, Kinderbilder und Einrichtungsgegenstände unter die Lupe. Was ihnen am besten an der deutschen Kita gefällt? „Die Freiheit, die die Kinder hier genießen und dass sie selber entscheiden können, was sie machen wollen.“

Die Akademie für Kindergarten, Kita und Hort bietet Angebote in allen Weiterbildungsbereichen rund um die Erziehung von Kindern. In Seminaren und Fortbildungen können sich Erzieherinnen und Mitarbeiter pädagogischer Einrichtungen weiter qualifizieren. Die Kooperation mit chinesischen Erziehern und Leitern pädagogischer Einrichtung besteht seit fünf Jahren. Mehrfach reisten Dozenten der Kinderakademie nach China, um dort Vorträge über frühkindliche Bildung zu halten. Der erste Besuch einer Delegation in Deutschland soll praxisnahe Einblicke gewähren und Raum für Fragen ermöglichen. Auf dem Programm stehen neben der öffentlichen Kita Kinderkiste auch die private der Firma Thyssen-Krupp. „Eine kirchlich geführte Einrichtung zu besuchen, hat zeitlich leider nicht mehr gepasst“, erklärt Jutta Behrwind. „Aber ich denke, dass die Gruppe trotzdem einen ersten Einblick erhalten hat.“ Vorträge und Fragerunden komplettieren den Aufenthalt.