Haarzopf. Die Haarzopfer Schulgeschichte begann bereits 1667. Der Haarzopfer Heimatforscher Herbert Schmitz beschäftigt sich seit 50 Jahren mit dem Thema und blickt anlässlich des Abrisses der Schule an der Raadter Schule und des bevorstehenden Neubaus des „Haus des Lernens“ zurück.

Die alte Schule an der Raadter Straße liegt in Schutt und Asche. Die Schulgebäude - zu unterschiedlichen Zeiten errichtet - sind abgerissen. Wenn die Überreste in den kommenden Tagen und Wochen komplett beseitigt sind, kann der Neubau der Grundschule Haarzopf, genannt „Haus des Lernens“, beginnen. In zwei Jahren sollen die Schüler der ehemaligen Hatzperschule und der Schule an der Raadter Straße gemeinsam in den quadratischen Ziegelbau parallel zur Raadter Straße, einziehen. 300 Schüler werden dann die neue Einrichtung besuchen, zudem entstehen 75 Kindertagesstätten-Plätze.

Seit über 50 Jahren beschäftigt sich der Haarzopfer Heimatforscher Herbert Schmitz (72) mit der langen, 345-jährigen Schulgeschichte im Stadtteil. Während die Haarzopfer damals politisch zur Grundherrschaft Mülheim-Broich orientiert waren, gehörten sie kirchlich zur reformierten Kettwiger Kirche. Dort gingen die Kinder damals zur Schule, der Weg dorthin war weit und mühsam - und die Arbeitskraft der Kinder wurde auf den Höfen benötigt, wie Schmitz aus den Quellen erfahren hat. „Eine Schule vor Ort war also sinnvoll“, schreibt Schmitz in seinen Ausführungen zur Haarzopfer Schulgeschichte. Damals habe es 17 größere und kleinere Höfe gegeben, dazu ein kleines Wasserschloss, das noch heute bestehende Haus Stein. 1667 beschloss das Kettwiger Presbyterium die Gründung einer „Heck- und Winkelschule“, eines einfachen Unterrichtsraums auf einem Bauernhof. Man beteiligte sich offensichtlich am Baumaterial und stiftete zudem acht Reichstaler „den Nachbarn in der Hartzop zur Auferbauung ihrer Schule“, wie Schmitz zitiert.

Der Schulmeister damals hieß Johann mit Vornamen. Als die erste Haarzopfer Schule 1681 abbrannte, habe sich auch der Schulmeister mit eigenen Mitteln am Wiederaufbau beteiligt. Nach 1688 unterrichtete der Haarzopfer Bauernjunge Hermann die Kinder. „Als er 1718 nach 30-jähriger Tätigkeit verstarb, übernahm erst seine Witwe, dann der Sohn bis 1723 den Schuldienst“, schreibt Schmitz weiter.

Nach Schmitz Recherchen besuchten 1812 85 Schüler aus Haarzopf und Raadt die Schule, die als sehr baufällig beschrieben wurde. So kam es 1872 zum dritten Neubau der Schule aus Backsteinen, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Schmitz: „Er stand da, wo sich bis vor kurzem die Pausenhalle befand.“ Als die Bevölkerung in Haarzopf weiter wuchs, wurden Ergänzungsbauten errichtet, um alle Schüler aufnehmen zu können.

Nicht nur Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen sollte der Schulmeister den Kindern damals beibringen, sondern vor allem „fleißiges Catechisieren“, also die Unterweisung in Glaubensdingen, war damals gefordert, hat Heimatforscher Herbert Schmitz herausgefunden. Auch das Einwerben von Spenden für die Schule gehörte wohl zu seinen Aufgaben. Das sei zumindest aus der Amtszeit des 1732 eingestellten Johann Wilhelm Hamel überliefert.

Herbert Schmitz hat auch interessante Details zur Entlohnung des Lehrers gefunden: drei Taler Geld im Jahr, kostenloses Wohnrecht, Nutzung der Scheune und des Hofraumes mit Garten, Brennholz und etwa 1,5 Hektar Land. Zudem durfte er eine Kuh, Schafe, Ziegen und Schweine halten und „sein Vieh durch die Hatzperer Gemark gehen lassen“. Von einigen Höfen habe er zusätzliches Schulgeld und später Naturalien wie Brot, Korn und Eier erhalten.

Gut in Erinnerung geblieben ist den Haarzopfern Rektor Karl Röhr (gestorben 1927), der 39 Jahre an der Schule seinen Dienst tat und als „durchsetzungsfähig und tatkräftig“ galt. „Er hatte zwei Seiten, einerseits schlug er schon mal kräftig zu, andererseits war er respektiert, weil er sich stark für die Kirche engagierte“, so Schmitz, dessen Vater noch von Rektor Röhr erzählte. Karl Röhr konnte Lehrer und Schüler übrigens aus seinem Wohnzimmer im angebauten Nachbargebäude beobachten: Durch eine Klappe konnte er in den Klassenraum sehen.