Margarethenhöhe. Auf der Margarethenhöhe lässt es sich gut leben, das bestätigen im Gespräch Jürgen Herbst und Harald Fiori von der Bürgerschaft. Doch bei aller Idylle gibt es auch Probleme: Es fehlen Geschäfte und Treffpunkte, für den zunehmenden Tourismus gibt es keine Infrastruktur - zum Beispiel Busparkplätze und öffentliche Toiletten.

Auf der Margarethenhöhe mit ihren rund 7000 Einwohnern lebt es sich gut. Aber auch in der vermeintlich heilen Welt der Gartenstadt gibt es Probleme, auch wenn die anders gelagert sind als in vielen anderen Stadtteilen. Mit Jürgen Herbst (59), dem Vorsitzenden der Bürgerschaft Margarethenhöhe, und Schriftführer Harald Fiori (71) sprach darüber Elli Schulz.

Was sind die Stärken der Margarethenhöhe?

Herbst: Wir werden oft um das Ambiente beneidet, und in der Tat ist es schön hier zu leben. Die Anbindung ist gut, man ist auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln in zwölf Minuten in der Innenstadt. Jeder bemüht sich, seinen Vorgarten zu gestalten und der Zusammenhalt in der Nachbarschaft funktioniert noch so wie in ländlichen Gebieten.

Fiori: Man kann auch Einfamilienhäuser mieten, den Garten nutzen, ist schnell im Wald und in der Gruga.

Und die Schwächen?

Herbst: Es gibt immer weniger Geschäfte. Besitzer kleiner Läden finden oft keinen Nachfolger. Es gibt keinen Discounter, nur zwei Edeka-Läden, einen auf der neuen und einen auf der alten Höhe, wobei letzterer im ehemaligen Kruppschen Konsum am Markt unter Platzmangel leidet und sein Sortiment deshalb einschränken muss. Viele Leute fahren in die Neue Mitte Haarzopf zum Einkaufen, was den Geschäften hier natürlich nicht gut tut. Auch der Markt wird immer kleiner, vor allem mittwochs.

Wie sieht es in Sachen Gastronomie aus?

Herbst: Wir sind froh, hier wieder die Auswahl zu haben, von gehoben - Hotel M - bis gutbürgerlich im Hülsmannshof, unter neuer Leitung auch wieder in der Altenau und seit kurzem in der Tusem-Gaststätte.

Fiori: Was komplett fehlt, ist eine Eckkneipe, was der Kommunikation nicht guttut.

Also ist zu wenig los im Stadtteil?

Herbst: Kulturelle Einrichtungen fehlen fast ganz, was sicher auch ein demografisches Problem ist, weil hier viele ältere Menschen wohnen. Aber es gibt ja auch keinen Saal, wo sich die Leute treffen könnten.

Fiori: Früher stand der Saal im Hotel Margarethenhöhe für Veranstaltungen zur Verfügung. Da gab es noch Karnevalssitzungen der Knüppelhusaren, die inzwischen nach Bergerhausen ausgewichen sind. Der Schützenverein hat sich 2009 ganz aufgelöst. Die Freiwillige Feuerwehr leidet unter Nachwuchssorgen. Auch bei der kirchlichen Arbeit wird es zunehmend schwieriger. Wir sind als Bürgerschaft mit rund 700 Mitgliedern nach dem Tusem der zweitgrößte Verein auf der Höhe, haben aber quasi auch kein Dach über dem Kopf. Unsere Veranstaltungen müssen immer draußen stattfinden, was natürlich ein Wetter-Risiko beinhaltet. Dazu kommt das finanzielle Risiko. Da es hier wenig Geschäfte gibt, gibt es auch wenig Sponsoren, die uns unterstützen könnten.

Ist die Margarethenhöhe überaltert?

Herbst: So kann man das nicht sagen. Zwar sind 30 bis 40 Prozent ältere Menschen, aber langsam gibt es eine Durchmischung. Wenn Leute ausziehen, werden die Wohnungen von der Margarethe-Krupp-Stiftung kernsaniert, aber damit werden sie auch viel teurer.

Fiori: Man darf nicht vergessen, dass die Bausubstanz vom Anfang des letzten Jahrhunderts ist. Viele Bewohner haben von den 1960er bis in die 1980er Jahre viel Geld in die Häuser gesteckt, obwohl sie ja nur Mieter sind. Nach dem Krieg war viel zerstört und die Leute haben selbst in den Wiederaufbau investiert. Die Kinder hatten nach den alten Verträgen ja ein Vorrecht, die Wohnung zu übernehmen. Früher war hier alles familiärer, es herrschte ein anderer Tonfall, auch wenn es um Mietererhöhungen oder ähnliches ging.

Wie lebt es sich im Denkmal „Gartenstadt“?

Herbst: Der Tourismus ist ein echtes Problem. Seit dem Kulturhauptstadtjahr 2010 haben die Besucherzahlen deutlich zugenommen. Aber für Massenandrang fehlt die Infrastruktur. Es gibt keinen Busparkplatz und keine Toiletten für Besucher. Und die engen Straßen können den Verkehr gar nicht aufnehmen.

Fiori: Weil öffentliche Toiletten fehlen, schellen Besucher schon mal bei Privatleuten oder urinieren in die Vorgärten. Da besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf.

Es gibt derzeit viele Baustellen im Stadtteil . . .

Herbst: Viele der Arbeiten, wie die an der Kanalisation oder am Regenrückhaltebecken, sind notwendig, sorgen aber für eine erhebliche Belastung der Bürger. Besonders ärgerlich ist aber die schlechte Information der Anwohner.

Welche Veranstaltungen plant die Bürgerschaft noch in diesem Jahr?

Herbst: Als nächstes feiern wir am 31. Oktober mit den Kindern und Jugendlichen Halloween mit einem „Horrorwalk“ im Sport- und Gesundheitszentrum des Tusem, am 17. November ist der Martinszug und traditionell am ersten Advent, in diesem Jahr der 2. Dezember, findet der große Weihnachtsmarkt bereits zum 25. Mal auf dem Marktplatz statt.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Herbst: Dass die nachbarschaftliche Gemeinschaft und die Identifikation mit dem Stadtteil noch stärker wird, dass die Menschen bereit sind, sich in Vereinen zu engagieren.

Fiori: Ich wünsche mir, dass sich die Politiker, auch die der Bezirksvertretung, verstärkt für unsere Interessen einsetzen und zum Beispiel mehr Parkraum schaffen - was durchaus möglich wäre, wenn man sich einige Stellen im Stadtteil mal genau anschauen würde. Viele Probleme sollten nicht - wie bisher - auf die lange Bank geschoben werden. Auch die Margarethenhöhe, die oft als „heile Welt“ dargestellt wird, hat Probleme, auch wenn die ein bisschen anders gelagert sind als anderswo.