Bredeney. Rund 50 Teilnehmer starteten am Regattaturm zur zweiten Wanderung durch Bredeney mit Jürgen Lindenlaub, der Fakten und Anekdoten zum Besten gab.

Den eigenen Stadtteil zu erkunden, daran finden offenbar immer mehr Bredeneyer Gefallen: Mehr als 50 Teilnehmer zählte die zweite Auflage der historischen Wanderung durch Essens „Grüne Lunge“. Eingeladen hatte der Kulturverein „Bredeney aktiv“. Wie schon beim ersten Mal diente der amtliche Stadtplan „Ruhrperlen“ als Vorlage für die Route.

„Mit diesem großen Interesse hatte ich gar nicht gerechnet“, verrät Hobby-Historiker Jürgen Lindenlaub zu Beginn der Tour. Dass mehr als doppelt so viele Teilnehmer wie bei der Premiere Anfang Juni erschienen sind, ist wohl vor allem dem guten Wetter zu verdanken: „Beim letzten Mal hat es geregnet wie aus Eimern, heute haben wir hingegen Glück“, zeigt sich Lindenlaub mit Blick in den strahlend blauen Himmel zufrieden. Auch diesmal hat er wieder viele Geschichten und Anekdoten im Gepäck, die Hans-Ulrich Philipsenburg vom Beirat des Vereins mit historischen Bildern untermalt. Genau 37 verschweißte Exemplare hat er sorgfältig in seine Mappe einsortiert, um sie bei passender Gelegenheit zu zücken und in die Höhe zu halten.

„Ich möchte vor allem mehr über Bredeneys Geschichte erfahren, damit ich auch Gästen etwas darüber erzählen kann“, sagt Mechthild Bredow, als die Gruppe sich vom Regattaturm am Baldeneysee in Bewegung setzt. Ihr und allen anderen sollen die nächsten fünf Stunden viel Gesprächsstoff bringen: Lindenlaub erzählt, dass die „Keimzelle“ des Gebiets im späten achten Jahrhundert entstanden ist. Er berichtet von der Zeit, als Bredeney noch ein Bauerndorf mit unzähligen Kotten war, von denen noch einige wenige erhalten sind. An das 1984 geschlossene Freibad am See können sich noch viele Teilnehmer gut erinnern. „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier der Schwimmbereich in zwei Teile für britische und deutsche Besucher abgetrennt“, erläutert Lindenlaub.

Nur wenige Fußminuten entfernt bleibt er dann vor einem der „geschichtsträchtigsten Orte von Bredeney“ stehen: dem Haus Baldeney mit seiner angegliederten Kapelle aus dem 14. Jahrhundert. Was dem Schloss werde, sei noch unklar. „Schade, dass dieses Kleinod hier verkommt“, bedauert er und erntet dafür viel zustimmendes Nicken von seinen Zuhörern. Einer schlägt gar vor, „das Geld für die Reinigung der Aschentonnenskulptur am Kennedyplatz“ für die Sanierung zu verwenden. „Das Schloss ist in Privatbesitz, da kann die Stadt leider nichts machen“, winkt Michael Bonmann, Bezirksbürgermeister und Vorsitzender von „Bredeney aktiv“, ab. „Wir wohnen seit mehr als 40 Jahren hier in Bredeney, aber am Schloss sind wir noch nie gewesen“, erzählt kurz darauf Maggie Katz, als sie neben ihrem Mann Hans-Bernd den Bredeneyer Berg hinaufsteigt.

Dort erzählt Jürgen Lindenlaub von der „wahrscheinlichen Wirklichkeit“ der Entstehung des Stammhauses der Familie Klusemann: Es geht um fromme Schwestern, Seuchen, Meuchelmord und um wertlos gewordene Reichspapiere, die letztendlich dafür verantwortlich waren, dass der damalige Besitzer des historischen Fachwerk-Bauernhauses den Grundstein für das heutige Restaurant „Zur Kluse“ legte. „Solche Dinge erfährt man nicht, wenn man selbst durch Bredeney spazieren geht, daher hat sich der Rundgang für mich schon gelohnt“, freut sich Mechthild Bredow.

Kirchmannshof, die Brandenbusch-Siedlung, Villa Hügel – am Ende reicht die Zeit gar nicht für alles, was Jürgen Lindenlaub sich für diesen Tag vorgenommen hat. „Ist aber nicht schlimm“, sagt er, „schließlich muss man sich zwischendurch ja auch mal die Zeit nehmen, um sich ordentlich zu stärken.“ Ob es eine Wiederauflage der Wanderung geben wird, weiß der Hobby-Historiker noch nicht: „In diesem Jahr definitiv nicht mehr, was 2013 kommt, müssen wir dann sehen.“