Haarzopf/Fulerum. Die Haarzopfer Bürger haben Angst um die verbliebenen Freiflächen im Stadtteil: Auf dem heute landwirtschaftlich genutzten Areal an der Humboldtstraße könnte Wohnbebauung entstehen. Der Bürgerverein will Unterschriften dagegen sammeln.
In den vergangenen Jahren wurde viel gebaut in Haarzopf-Fulerum. Jetzt fürchten die Bürger um den Fortbestand der wenigen verbliebenen Freiflächen in dem einst so ländlich geprägten Stadtteil. „Wir haben trotz aller Neubauprojekte immer versucht, den dörflichen Charakter so weit wie möglich zu erhalten“, sagt Horst Holtwiesche, Vorsitzender des Bürgervereins Haarzopf-Fulerum. Jetzt seien die Bürger aufgeschreckt, weil offenbar auf dem Feld an der Humboldtstraße Richtung Rhein-Ruhr-Zentrum, unterhalb des evangelischen Gemeindezentrum Fulerum, gebaut werden soll. „Die Fläche ist 3,9 Hektar groß, gehört Thyssen-Krupp und wird derzeit noch landwirtschaftlich genutzt, teils mit Getreide, teils mit Erdbeeren zum Selberpflücken“, erklärt Holtwiesche.
Schon vor Jahren sei im Gespräch gewesen, dort zu bauen, erinnert sich Holtwiesche, der sich ausgerechnet hat, dass auf der Fläche 90 bis 100 Häuser entstehen könnten. „Da muss man sich doch wirklich fragen: Ist es heute noch zeitgemäß, Ackerflächen zu bebauen?“, fragt Gustav Diekmann, zweiter Vorsitzender des Bürgervereins Haarzopf-Fulerum, und denkt dabei an die Nahrungsmittel- und Klimadiskussion. „Das ist natürlich neben dem Nachtigallental eine wichtige Frischluftschneise. Außerdem gibt es hier nur noch wenige Bauern“, so Diekmann. Er sieht zudem die Gefahr, dass nach und nach die gesamte noch verbliebene Freifläche bis zu den bereits bestehenden Häuserblocks zugebaut werden könne. Auch Aktionen wie die „Kunstfelder“ könnten nicht mehr stattfinden, wenn die Fläche erst mal bebaut sei, erinnert Horst Holtwiesche an eine publikumswirksame Aktion der vergangenen Jahre.
„Wir sind gegen die Bebauung der landwirtschaftlich genutzten Fläche und werden ab Ende der Woche Unterschriftenlisten in Geschäften vor Ort, zum Beispiel im Salon Fries an der Hatzper Straße, auslegen. Dort können sich Bürger, die auch gegen eine solche Bebauung sind, eintragen“, erläutert Holtwiesche das weitere Vorgehen des Bürgervereins.
Seitens der evangelischen Kirchengemeinde erfährt der Bürgerverein Unterstützung in seinen Bemühungen. „Wir werden die Listen in unserem Gemeindezentrum auslegen“, sagt Sabrina Scheer, Mitglied des Presbyteriums der evangelischen Gemeinde Haarzopf-Fulerum. „Wir haben nichts gegen den Zuzug von neuen Bürgern. Aber in Fulerum gibt es noch mehrere Baulücken, die man erst mal schließen könnte, bevor man das Feld bebaut“, sagt Scheer. Schade wäre es um das Erdbeerfeld, findet sie: „Das lieben die Kinder hier doch so.“
PotenzielleKirchenbesucher
Natürlich brächten Neubauten auch potenzielle Kirchenbesucher und Mitglieder für die Gemeinde. Doch mehr Bürger erforderten auch eine andere Infrastruktur, mehr Schul- und Kindergartenplätze. Und der Verkehr würde immer dichter, dabei habe man gerade erst die Fulerumer Straße zur Entlastung der Humboldtstraße ausgebaut.
Thyssen-Krupp als Besitzer der Fläche hält sich mit Informationen zurück. Auf Anfrage ließ das Unternehmen durch Sprecherin Cosima Rauner verlauten, dass das Gelände im Flächennutzungsplan als Wohngebiet ausgewiesen ist. „Zurzeit gibt es dafür allerdings keinen Bebauungsplan. Die Hoheit für etwaige Planungen liegt bei der Stadt Essen“, so Rauner weiter.
Dagegen bestätigt Andreas Müller, Leiter der Bauleitplanung beim Amt für Stadtplanung und Bauordnung, dass an der Humboldtstraße auf der derzeit noch landwirtschaftlich genutzten Fläche neue Wohnhäuser entstehen sollen. „Dass dort gebaut werden soll, ist ja kein Geheimnis“, sagt Andreas Müller. Die Verwaltung sei am 2. Februar beauftragt worden, sich mit der Flächenplanung auseinanderzusetzen.
Der Bedarf an Wohnraum sei gerade im Essener Süden groß, die Nachfrage entsprechend, verweist Müller auf den Regionalen Flächennutzungsplan (RFNP), der weitere Möglichkeiten eröffne. „Allerdings haben wir in diesem Fall nicht so die Eile“, sagt Müller. Es gebe noch keine konkreten Entwürfe. Müller rechnet mit dem „vollumfänglichen Aufstellungsverfahren“ für 2013 und schätzt, dass es bestimmt noch zwei Jahre dauern werde, bis dort Baurecht geschaffen sei, wenn die Politik mitspiele.