Haarzopf. . Der ehemals ländlich geprägte Stadtteil Haarzopf wird als Wohnort immer beliebter. Horst Holtwiesche und Gustav Diekmann vom Bürgerverein sehen aber auch Gefahren auf den Stadtteil zukommen, wenn der Bauboom ungebremst anhält. Der Umbau habe die Verkehrssituation an der Kreuzung Erbach entschärft, finden die engagierten Haarzopfer.

Haarzopf entwickelt sich immer mehr vom ländlich geprägten Gebiet zum beliebten Wohnstadtteil. Zahlreiche Neubaugebiete haben das Bild des Stadtteils in den vergangenen Jahren verändert. Elli Schulz sprach mit Horst Holtwiesche und Gustav Diekmann, dem ersten und zweiten Vorsitzenden des Bürgervereins Haarzopf-Fulerum, über die Entwicklung vor Ort.

Was sind die Stärken Haarzopfs?

Holtwiesche: Haarzopf hat sich seinen dörflichen Charakter bewahrt - trotz aller Bauprojekte, die nicht jedermanns Geschmack treffen, aber im Großen und Ganzen eine Bereicherung sind. Und die Haarzopfer halten zusammen, wenn nötig, auch gegen die Verwaltung, Beispiel Bürgerpark und neue Grundschule.

Diekmann: Der Bürgerbus, der sehr gut angenommen wird, ist sicher eine Stärke.

Und die Schwächen?

Holtwiesche: Die Kreuzung Erbach, die zwar nach dem Umbau durchaus gelungen ist, bleibt eine Schwäche, weil sie den Stadtteil in vier Siedlungen zerschneidet. Haarzopf hat keinen Mittelplatz, keine klassische Kneipe und einen Saal haben wir beim Bau der Neuen Mitte Haarzopf auch nicht hingekriegt.

Wie hat der Stadtteil die lange Bauphase bei der Durchstreckung der Fulerumer Straße verkraftet?

Holtwiesche: Mir wäre eine dreimonatige Totalsperrung lieber gewesen als diese zahlreichen Bauabschnitte. Gerade für die älteren Bürger war es schwierig, sich fast jeden Tag auf eine neue Wegführung einzustellen. Aber zum Glück haben die Bauarbeiter versucht, den Menschen zu helfen. Zu überprüfen ist allerdings noch die Fußgängerampel. Senioren schaffen es oft nicht bis auf die andere Seite. Aber wenn erst mal die neu gepflanzten Stadtbirnen blühen, wird es hier bestimmt richtig schön. Bleibt noch zu klären, ob man die Früchte zu Marmelade verarbeiten kann . . .

Diekmann: Die Kreuzung Erbach, aber auch der neue Kreisverkehr an der Humboldtstraße, sind sehr großzügig geworden, der Verkehr hat sich total entzerrt. Eigentlich gibt es hier keine Staus mehr. Derzeit kommt es trotzdem manchmal zu Engpässen, weil einige wegen der A-40-Sperrung direkt durch Haarzopf auf die A 52 fahren.

Wie wird das Geschäftszentrum Neue Mitte Haarzopf angenommen?

Holtwiesche: Sehr gut, vor allem auch der Café-Bereich draußen. Allerdings wären 50 bis 60 Parkplätze mehr sinnvoll, denn oft wird es trotz der vorhandenen 235 Parkplätze eng, da ja auch die Angestellten der Geschäfte und Praxen dort parken.

Es gibt noch einige unbebaute Filetgrundstücke . . .

Holtwiesche: Für das Grundstück der ehemaligen Tankstelle an der Humboldtstraße ist der Bauantrag eingereicht, für das Gelände des ehemaligen Autohandels an der Ecke Hatzper/Fulerumer Straße ist die Bauvoranfrage positiv beschieden worden, jetzt wartet man auf den Bauantrag. Ich hätte es gern gesehen, wenn das Eckgrundstück damals zur Neuen Mitte gekommen wäre. Zudem habe ich gehört, dass mehrere Restaurants geplant sind und frage mich, wie viele Restaurants Haarzopf verkraften kann. Beim ehemaligen Rewe-Gelände an der Humboldtstraße scheint sich nichts zu tun.

In den letzten Jahren sind viele Familien zugezogen. Gibt es für die genug Angebote?

Holtwiesche: Beim Sport sind wir gut aufgestellt.Wir haben drei Tennisclubs in Haarzopf-Fulerum und weitere Vereine. Auch die Schulen haben mit Handball-AGs und ähnlichem einiges zu bieten. Die Pfadfinder sind sehr rege und unterstützen uns auch bei Aktionen.

Diekmann: Die Spielplätze hier werden nur zum Teil angenommen, einige sogar sehr schlecht. Das kann auch an der bürgerlichen Struktur Haarzopfs liegen. Viele wohnen im eigenen Haus mit Garten, wo die Kinder spielen können. Gut angenommen wird der Spielplatz in der Neubausiedlung am Rottmannshof. Der scheint zwar nur für Anwohner gedacht zu sein, ist aber tatsächlich ein ganz normaler öffentlicher Spielplatz. Gut kommt der Spielplatz an der Raadter Straße an.

Was fehlt in Haarzopf?

Holtwiesche: Wie erwähnt, eine Kneipe. Und ein Bio-Laden. Einige wünschen sich einen Lebensmittelmarkt in Konkurrenz zu Edeka.

Diekmann: Ein Orthopäde fehlt.

Birgt es nicht Gefahren, den Stadtteil immer weiter zuzubauen?

Holtwiesche: Natürlich. Es besteht die Gefahr, dass Haarzopf seinen ländlichen Charme verliert, besonders, da es auch noch Begehrlichkeiten gibt, die Felder an der Humboldtstraße zu bebauen.

Diekmann: Unschön sind die Gebäude mit Flachdächern, wie die neuen Häuser an der Fulerumer Straße. Nichts gegen Stadthäuser, aber die kann man viel ansprechender gestalten.

Stichwort Flughafen?

Holtwiesche: Da bin ich eher gespalten. Ich wohne schon immer in Haarzopf und mich hat der Flughafen nie gestört. Ich hätte es gut gefunden, wenn man dort eine Station für Rettungshubschrauber eingerichtet hätte, auch wegen der Nähe zum Klinikum. Aber ich kann auch die Ängste der Leute verstehen, wenn so etwas wie die „große Düse“ ins Gespräch gebracht wird.

Diekmann: Der Flughafen ist ein Problem, zumal es ja immer mehr Hubschrauber- und Schulungsflüge gibt. Andererseits: Wenn der Flughafen geschlossen würde, kämen die Pläne für ein Gewerbegebiet wieder auf den Tisch und das wollen wir auf keinen Fall. Die Frischluftschneise muss erhalten bleiben.

Beim Bau der Gemeinschaftsgrundschule gibt es Verzögerungen . . .

Holtwiesche: Das verstehe ich bis heute nicht. Aber wir sind ja froh, dass es jetzt endlich losgeht. Der quadratische Entwurf für das „Haus des Lernens“ war der beste Vorschlag. Wie es dann laufen wird, weiß noch keiner, denn erstmals wird es ja die Lösung mit Schule und Kindergarten unter einem Dach geben. Ich hoffe aber, dass die neue Schulleitung es schafft, das Positive der Raadter und der Hatzper Schule weiterzuführen.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Vereinen und Verbänden vor Ort?

Diekmann: Sie läuft, die Koordination der Termine könnte aber besser sein. Neulich hatten wir drei Feste an einem Tag. Da wir mit Riesenschritten auf „800 Jahre Haarzopf“ zugehen, was 2015 gefeiert wird, sollte sich die Zusammenarbeit verbessern. Auch mehr Unterstützung durch die Politiker wäre wünschenswert. Mit der Bezirksvertretung III klappt es im Prinzip gut.

Was plant der Bürgerverein bis zum Jahresende?

Holtwiesche: Der Martinszug startet am 2. November, der Weihnachtsmarkt findet am 9. Dezember statt.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Holtwiesche: Dass die Stadt die Flächen, die sie vermarkten will, besser pflegt, dass das „Haus der Vereine“ an der Humboldtstraße abgerissen wird, und dass der Fußweg, der zum Bürgerpark Auf’m Bögel führt, mit abgesenkten Bürgersteigen behindertengerecht gestaltet wird.