Essener Süden. Die Einwohnerzahl sinkt stetig und soll dies nach Prognosen auch noch weiter tun.

Aktuell zählt die Stadt Essen 577 290 Menschen (Stand: 31. Dezember 2008). Noch ist sie damit die Metropole des Ruhrgebiets und liegt in NRW hinter Köln und Düsseldorf auf Rang drei, aber der Vorsprung vor Dortmund nimmt immer mehr ab.

„Essen – Großstadt für Kinder” heißt das Projekt, mit dem wieder mehr Familien angelockt und gehalten werden sollen. Stadtweit gibt es 55 743 Haushalte, in denen Kinder leben. In 30 574 Fällen sind das Einzelkinder, 18 781 Eltern oder Alleinerziehende haben zwei Kinder und in lediglich 6388 Haushalten wachsen drei oder mehr Kinder auf.

Der Stadt fehlt es an Zuwachs. „Es sterben mehr Menschen, als dass neue Bürger nach Essen ziehen”, bringt es Stadtsprecher Detlef Feige auf den Punkt. Ein Großteil der Infrastruktur, zum Beispiel in den Bereichen Öffentlicher Personen-Nahverkehr und Sportstätten, sei in den 60er und 70er Jahren gebaut worden, als die Stadt in Richtung einer Einwohnerzahl von 700 000 tendierte. Jetzt wird einerseits abgebaut, aber andererseits auch investiert, um die Stadt unter anderem durch neue Spiel- und Bolzplätze kinderfreundlicher zu machen.

Doch in der Realität kommt der „Kinderbericht 2008” unterdessen zu alarmierenden Ergebnissen. Stadtweit leben immer mehr Heranwachsende an oder sogar unter der Armutsgrenze. Rund ein Drittel der Essener Kinder erhalten demnach direkte oder indirekte sogenannte „staatliche Transferleistungen”. In den meisten Fällen sei dies eine Bezuschussung durch Hartz IV.

Ein Problem, das im Essener Süden eine geringere Rolle spielt. Im Stadtbezirk II liegt diese Quote lediglich bei 11,8, in Haarzopf sogar nur bei 3,7 Prozent. Den höchsten Wert weist Rüttenscheid mit 14,8 Prozent auf. Auch beim Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund liegt dieser Stadtteil mit 20,8 Prozent, im Vergleich zu 16,2 Prozent im Gesamtbezirk und dem Stadtdurchschnitt von 31 Prozent, vorn. Den niedrigsten Anteil hat auch dabei Haarzopf mit 5,5 Prozent.

Das an diesen Zahlen ablesbare Nord-Süd-Gefälle in der Stadt, spiegelt sich auch im Kinderanteil an der Bevölkerung wieder. Während die Quote der Heranwachsenden im Norden teilweise stabil bleibt oder sogar steigt, droht dem Essener Süden eine partielle Vergreisung.

Der Verwaltungsbericht bezeichnet den Bezirk II als „kinderarm”. Dieser Anteil liege unter zehn Prozent und sei damit „der mit Abstand niedrigste Wert aller Stadtbezirke”. Im Vergleich zum Stadtdurchschnitt (11,8 Prozent) weist Rüttenscheid nur einen Wert von neun, in Holsterhausen von 9,4 Prozent auf.

Auch die Bevölkerungsprognosen versprechen keine Verjüngung. Demnach könnte der Kinderanteil im Bezirk II bis zum Jahr 2020 weiter um 20,9 Prozent sinken. Für die Gesamtstadt rechnet die Vorlage mit einem Rückgang um 13 Prozent. Damit liegt der Essener Süden hinter der Ruhrhalbinsel auf dem negativen zweiten Platz.

Jürgen Schroer vom Jugendamt glaubt, dass die fortschreitende Überalterung „langfristig Einflüsse auf den örtlichen Einzelhandel” haben könnte. Das Warenangebot würde sich schrittweise den Bedürfnissen einer älteren Bevölkerung anpassen. Damit könnten diese Stadtteile weiter an Attraktivität für Familien verlieren.