Margarethenhöhe.

Mieterhöhungen sind ein Ärgernis für die, die zahlen sollen. Denn wenn einer mehr Geld will, muss ein anderer berappen. Letzteres fällt deutlich leichter, wenn der Mieter weiß, warum er mehr bezahlen muss. Vielen Mietern auf der Margarethenhöhe ist dies längst nicht klar – gezahlt haben sie dennoch. Die Mietergemeinschaft Essen, die auch Mitglieder auf der Höhe zählt, macht dafür nicht zuletzt den Essener Mietspiegel verantwortlich.

Zur Erinnerung: Im August 2011 hatten zahlreiche Mieter an der Margarethenhöhe Post ihres Vermieters, der Margarethe-Krupp-Stiftung (MKS), erhalten. Die hatte den Mietzins durchschnittlich um 17,5 Prozent angehoben. Damals schlug die Welle der Entrüstung hoch, konterkarierte die deftige Mieterhöhung nach Meinung vieler Bürger doch den einst formulierten Stiftungsgedanken, Wohnungen zu moderaten Preisen anzubieten.

Fakt ist jedoch auch: Die Mieterhöhungen bewegten sich durchweg im erlaubten Rahmen des Essener Mietspiegels, auch wenn nicht wenige Mieter sich damals die Frage stellten, ob man denn diesen Rahmen unbedingt ausschöpfen müsse. Noch dazu, da nicht wenige von ihnen zum Teil viel Geld aus der eigenen Tasche in ihre Wohnung investiert hatten – beispielsweise in ihre Heizungsanlage.

Warum es immer wieder zu Härtefällen kommt und warum selbst legitime Mieterhöhungen so heftig kritisiert werden, liegt für Karin Schnittker vom Vorstand der Mietergemeinschaft Essen auf der Hand: „Der Mietspiegel in Essen ist zu kompliziert“, moniert sie.

In der Tat ist das Essener Modell etwas Besonderes – schon vom Umfang her. In Städten wie Dortmund oder Bochum ist er knapp sechs DIN-A-4-Seiten lang. In Essen sind es 29. Verfahren wird nach einem ausgeklügelten Punktesystem, das Qualitäten, aber auch Mankos der Wohnausstattung und des Umfeldes zum Teil parzellenscharf erfasst. „Da blickt kein Mieter mehr durch.“ Und dies, obwohl über das Konstrukt nicht nur Interessenvertreter der Vermieter, sondern auch Mietervereine beraten.

Der Zirkel, der über den Mietspiegel berät, setzt sich paritätisch aus Interessenvertretern beider Seiten zusammen. Seit Jahren bemüht sich die Mietergemeinschaft Essen um Zugang. Doch diesem Wunsch wurde – selbst ohne Stimmrecht – bislang nicht entsprochen. „Ich glaube, dass die beteiligten Mietervereine sicherlich das Beste wollen“, so Karin Schnittker. „Warum aber solch ein Bewertungsmoloch seit Jahren durchgewunken wird, ist mir ein Rätsel.“

In wieweit die Mietervereine Einfluss nehmen, kann Karin Schnittker nicht abschließend beurteilen. Beim Gutachterausschuss für Grundstückswerte der Stadt Essen, einer unabhängigen und ehrenamtlich tätigen Landesbehörde, bat sie um Einsicht von „Arbeitsprotokollen“ – vergeblich. Auch eine Nachfrage bei den beteiligten Vereinen selbst führte nicht weiter. „Im Grunde kocht jeder sein eigenes Süppchen“, kritisiert Karin Schnittker. Dies weiß sie schon lange. Die Mietergemeinschaft gründete sich vor 13 Jahren aus einer Initiative gegen die Privatisierung des Allbau heraus. Die Unterstützung durch andere Mietervereine blieb damals aus. „Diese negative Erfahrung war die Initialzündung, selbst einen Mieterverein zu gründen.“

Thomas Möller, Geschäftsführer der Margarethe-Krupp-Stiftung, kann die Kritikpunkte bedingt nachvollziehen. „Dass ein Mietspiegel, der viele Details berücksichtigen will, komplexer ist, liegt auf der Hand. Ob die eine oder andere Variante besser ist, kann ich nicht bewerten, da ich die Vergleichsmodelle nicht kenne.“

Dass jeder Mietspiegel eine ausreichende statistische Basis haben sollte, um zu einer gerechten Bewertung zu gelangen, sei laut Möller nicht von der Hand zu weisen.

Dass die im August 2011 getätigten Mieterhöhungen auf Kritik stießen, wundert Möller weniger. „Psychologisch gesehen wirkt ein Mietzuschlag von 17 Prozent immer immens. Der Effekt hätte abgeschwächt werden können, wenn man Mieterhöhungen über einen längeren Zeitraum praktiziert hätte. Da lag der Fehler in der Vergangenheit.“