Südviertel. . Gretel Stalmann (77) und Gertrud Brinkhaus (68) betreiben seit 30 Jahren einen Second-Hand-Laden im Kreativ-Quartier Südviertel und haben inzwischen über 2000 Kundinnen, die gebrauchte, originelle Kleidungsstücke im „Kom-Mödchen“ kaufen und verkaufen lassen. Ans Aufhören denken sie noch lange nicht.

Mode aus zweiter Hand vom Negativ-Image zu befreien - mit diesem Ziel traten die Freundinnen Gretel Stalmann (77) und Gertrud Brinkhaus (68) an, als sie ihr „Kom-Mödchen“ an der Isenbergstraße eröffneten. In New York und London waren Second-Hand-Läden damals schon weit verbreitet, wie die Frauen aus eigener Anschauung wussten. Das ist jetzt 30 Jahre her, und wenn die beiden Frauen am Montag, 13. Februar, mit ihren Kundinnen das Jubiläum feiern, ist klar: Sie haben ihr Ziel erreicht und eine große Fangemeinde für Kleidungsstücke mit Geschichte gewonnen.

Auf rund 60 Quadratmetern auf zwei Etagen bieten die Geschäftsfrauen alles an, was das Modeherz begehrt: Winterjacken, schicke Abendkleider, Hosen, Schuhe, Hüte, Taschen, Schmuck, im Sommer auch Bademode - und sogar ein paar Bücher. „Damit können sich die Männer beschäftigen, wenn ihre Frauen die Sachen anprobieren“, schmunzelt Gretel Stalmann. Ihre Männer unterstützen die modebegeisterten Geschäftsfrauen tatkräftig, indem sie als Geschäftsführer fungieren und sich bei Bedarf auch mal als Handwerker betätigen.

Das „Kom-Mödchen“ ist inzwischen eine echte Institution, die gut ins junge, kreative Südviertel passt. „Am Anfang haben wir Kleidung in der Verwandtschaft gesammelt, die Kinder mit Werbezetteln herumgeschickt und auch Neuwaren gekauft, weil wir Angst hatten, nicht genug Sachen zusammenzubekommen“, sagt Gertrud Brinkhaus, die in Stadtwald wohnt. Die Befürchtungen lösten sich bald in Luft auf. „Es gibt Kundinnen, die kommen fast jeden Tag vorbei, weil sie Angst haben, etwas zu verpassen“, berichtet Gretel Stalmann. Und diese Angst ist nicht ganz unbegründet. Fast täglich bekommen die Geschäftsfrauen neue Sachen, müssen schon genau auswählen und vieles ablehnen, damit der Laden nicht zu voll wird. Die beiden nehmen die Sachen in Kommission. Wenn sie verkauft sind, geht der Erlös jeweils zur Hälfte an die Kundin und ans Geschäft - schließlich müssen ja Miete, Heizung und andere laufende Kosten bezahlt werden.

Alle drei Monate wird das Sortiment saisonbedingt ausgetauscht, jede Woche wird neu dekoriert. Nicht verkaufte Sachen werden ins Lager gebracht und können dort wieder abgeholt werden. „Was nach sechs Monaten nicht abgeholt ist, geben wir für wohltätige Zwecke weg“, erklärt Gretel Stalmann.

Über die 2000 Kundinnen haben die Geschäftsfrauen inzwischen, die sie mit Waren versorgen. Viele von ihnen sind gleichzeitig Lieferantinnen und Käuferinnen. „Second-Hand-Mode spricht eine bestimmte Gruppe von Menschen an, die individuelle Sache liebt. Entweder man mag’s oder man mag’s nicht“, sagt Gertrud Brinkhaus. Zwar seien die Stücke aus zweiter Hand ziemlich preiswert - teure Designer-Klamotten sucht man an der Isenbergstraße vergebens -, sprächen aber keineswegs nur Menschen mit wenig Geld an. Studentinnen, Künstlerinnen, Lehrerinnen, aber auch Ärztinnen oder Rechtsanwältinnen gehörten zum Kundenstamm. Der Nachteil des Systems: Jedes Teil gibt es naturgemäß nur in einer Größe. Was weg ist, ist weg. Aber manche Sachen kommen nach ein paar Monaten auch wieder.

„Unsere Kundinnen sind wie wir modeinteressiert, wollen öfter mal was Neues haben, aber dafür kein Vermögen ausgeben“, sagt Gretel Stalmann, die wie ihre Freundin selbst fast nur Second-Hand-Sachen trägt. „Wir sitzen ja direkt an der Quelle und können als erste schauen, was uns gefällt“, lacht die 77-Jährige, die keineswegs ans Aufhören denkt, Sie wechselt sich mit ihrer Freundin ab, steht mal vormittags, mal nachmittags im Laden. Ihre eigentlichen Berufe als Chefsekretärin und Arzthelferin vermissen die beiden Frauen nicht. „Reich werden wir hier nicht. Aber wir wollten damals etwas machen, was Spaß bereitet und nicht so viel kostet. Und das hat geklappt. Wir können gar nicht aufhören, Was würden denn dann die Kundinnen sagen“, schmunzelt Gretel Stalmann. Schließlich tausche man sich nicht nur über Modetrends aus, sondern teile auch Freud’ und Leid.