Bergerhausen. . Der Bergerhauser Wolfgang Seifert ist eigentlich Unternehmensberater. Seit gut einem Jahr ist er auch Verleger und Herausgeber, denn für seine ungewöhnlichen Städteführer gründete er eigens den Colion-Verlag.

„Die Menschen sollen die Welt durch meine Brille sehen“, wünscht sich Wolfgang Seifert (60). Der Bergerhauser ist Unternehmensberater - und seit einem Jahr auch Verleger. Beruflich war er immer viel unterwegs, hat etliche Städte gesehen, in vielen Hotels geschlafen, in noch mehr Restaurants gegessen. Seine Erfahrungen und Eindrücke gibt er im Rahmen der ungewöhnlichen Städteführer-Reihe „Urban Inspiration City“ an die Leser - oder besser: Betrachter - weiter. Denn: Die quadratischen Bände leben von stimmungsvollen Bildern. Es gibt nur wenig Text, den aber auf Deutsch und Englisch. Schlafen, Essen, Nachtleben, Einkaufen und Freizeitvergnügen sind Seiferts Schwerpunkte.

Und es muss nicht immer New York sein: Im Band über das Ruhrgebiet findet man vertraute Essener Ort wie die Lichtburg, Zeche Zollverein, das Restaurant Vincent & Paul, das Seaside Beach Baldeney, Mintrops Stadt-Hotel, die Disco Delta Musik Park oder die Rüttenscheider Fcuk Yoga Bar. Seit 20 Jahren ist der gebürtige Münsterländer Seifert in Essen tätig, gründete 2010 den Colion-Verlag, der inzwischen einen großen Teil seiner Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Dass der Verlag für ihn eher Herzensangelegenheit als Job ist, sein „Kind“ sozusagen, ist dem 60-Jährigen deutliche anzumerken.

Reisen und dabei neue Welten entdecken - das ist Seiferts große Leidenschaft. „Urlaub, das bedeutet für mich nicht drei Wochen am Strand, sondern eher drei Tage in einer spannenden Stadt“, sagt er. Dass Seifert als Unternehmensberater vorwiegend in den Bereichen Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie aktiv ist, beschert ihm einen Wissensvorsprung, der sich - ergänzt durch eine gehörige Portion Neugier und den Blick für außergewöhnliche Orte - in den Städteführern niederschlägt. „Ich wollte immer wissen, wie man ein Hotel betreibt oder ein bestimmtes Gericht kocht“, berichtet Seifert von unzähligen Gesprächen mit Menschen vor Ort.

Seiferts Städtebücher sind geprägt von einem sehr persönlichen, bewusst subjektivem Blickwinkel, enthalten, wie der Verleger betont, ausschließlich selbst Erkundetes. „Früher habe ich meine Erfahrungen als private Reisetipps an Bekannte weitergegeben“, blickt Seifert zurück. „Aber ich wollte keinen Reiseführer im klassischen Sinn schreiben, keinen Buchstabenfriedhof, der ganz schnell an Aktualität verliert“, sagt er. Deshalb habe er ein Produkt kreiert, das eher in den Bereich Reiseliteratur gehöre. „Die Bücher sollen inspirieren, Lust auf Reisen machen, Informationen bieten, der Reise-Nachbereitung dienen, aber auch die Funktion eines Bildbands übernehmen, der im Regal gut aussieht“, beschreibt Seifert seine Intention.

Nur besondere, individuelle Geschäfte und Locations hätten die Chance, es ins Buch zu schaffen. Seifert setzt dabei auf Reduzierung, stellt maximal zehn Orte pro Rubrik vor: „Unser Kernproblem heute ist, dass man in Zeiten des Internets sowieso viel zu viele Informationen bekommt.“ Die Auswahl sei eine rein redaktionelle Entscheidung, betont Seifert, der den Colion-Verlag nicht nur gegründet, sondern auch die Funktion des Herausgebers und Verlegers in Personalunion übernommen hat. um den Büchern auch wirklich seinen Stempel aufdrücken zu können. „Ich will mir da nicht reinreden lassen. Dafür bin ich zu alt“, erklärt er augenzwinkernd.

„Natürlich ist das alles sehr viel Arbeit. Ich scheue aber weder den Zwölf-Stunden-Tag noch die Sieben-Tage-Woche, vor allem, wenn ich bei den Reisen Berufliches und Privates verbinden kann“, betont der Bergerhauser mit der Vorliebe für „Gebrauchtwagen“, sprich Oldtimer, der gern segelt, wenn es die Zeit erlaubt. Für jeden Band bereist Seifert die Städte und Regionen erneut, gleicht seine Erinnerungen mit der Wirklichkeit ab. „Natürlich bleibt das Risiko, dass vielleicht ein Lokal oder Geschäft geschlossen hat, bis der Band dann erscheint. Aber wenn jemand den Ort vorher besucht hat, bleibt es ja eine schöne Erinnerung, die sich durch die Bilder wieder auffrischen lässt“, meint Seifert, der rund ein Drittel der Fotos selbst beisteuert.

Die ersten beiden Bände über New York und Istanbul - letztgenannte übrigens Seiferts Lieblingsstadt als Schnittstelle zwischen Alt und Neu, zwischen Asien und Europa - kamen im Februar 2011 auf den Markt. Im Oktober ging der Band „Ruhrgebiet“ in den Druck. „Reiseführer gibt es Tausende. Aber in dieser Form gibt es nur zwei oder drei Mitbewerber weltweit“, ist Seifert überzeugt, eine Marktlücke gefunden zu haben.