Stadtwald. Seit 25 Jahren ist Klaus Kottenberg als Schiedsmann tätig.

Wegen überhängender Äste, einer beschädigten Vase oder einer unbedacht ausgesprochenen Beleidigung gleich das Gericht zu bemühen, verursacht erhebliche Kosten und lässt bestehende zwischenmenschliche Gräben oft noch tiefer werden. Da fast immer „sich vertragen besser als klagen” ist, wie es in einem Faltblatt des NRW-Justizministeriums heißt, sind Aussprachen bei Schiedsleuten ein bewährtes Mittel, zu schlichten, bevor es zum Prozess kommt. Das weiß Klaus Kottenberg (65) nur zu gut. Seit 25 Jahren ist er als Schiedsmann tätig. „Früher wurden Schiedsleute durch den Rat bestellt, heute ist die Bezirksvertretung zuständig”, sagt der Rentner, der Personalleiter bei einem großen Konzern war.

Als sein Vorgänger aus Altersgründen aufhörte, wollte Kottenberg das Amt eigentlich gar nicht haben. „Ich war beruflich viel unterwegs und außerdem schon ehrenamtlich als Diözesanvorsitzender des Cäcilienverbandes der Chor- und Instrumentalgemeinschaften im Bistum Essen sowie als Pfarrgemeinderatsvorsitzender von St. Theresia aktiv”, erinnert sich Kottenberg. Trotzdem übernahm er das Amt. „Es befriedigt mich, wenn ich mir Mühe gegeben habe und es zu einer Einigung kommt. Damit tue ich ja auch etwas fürs Gemeinwohl”, sagt er. „Das Schiedsamt ist kein Gericht, aber wenn man sich gütlich geeinigt hat, was ja immer das Ziel ist, ist das rechtswirksam.”

Juristische Vorbildung sei weder erforderlich, noch erwünscht. „Es geht ja darum, die Dinge mit gesundem Menschenverstand anzugehen und seine Menschenkenntnis einzubringen”, erläutert Kottenberg, der sich dreimal im Jahr mit anderen Essener Schiedsleuten zum Erfahrungsaustausch trifft. Zwölf bis 15 Mal pro Jahr kommt es in der Wohnung von Klaus Kottenberg am Kellermanns Busch zu Schlichtungsverhandlungen.

„Man muss zwischen zivilrechtlichen Delikten, zum Beispiel bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, und strafrechtlichen, zum Beispiel bei Beleidigung, Verleumdung, Hausfriedensbruch, oder auch leichter Körperverletzung unterscheiden”, erläutert Kottenberg, der für seine ehrenamtlichen Tätigkeiten 1995 das Bundesverdienstkreuz erhielt.

Im Stadtbezirk II gibt es zwei Schiedsleute, die sich im Urlaubs- oder Krankheitsfall gegenseitig vertreten. „Früher war ich nur für Stadtwald zuständig, inzwischen sind Rellinghausen und das westliche Rüttenscheid dazugekommen”, erklärt der Schiedsmann. Staatsanwaltschaft oder Polizei verwiesen an die zuständigen Schiedsleute, wenn ein Fall nicht von öffentlichem Interesse sei. Nach einem ersten Gesprächstermin mit dem Antragsteller folge in der Regel der Gütetermin, bei dem beide Parteien, eventuell mit Rechtsanwalt oder persönlicher Begleitung, bei ihm am Tisch säßen.

„Wenn nötig, kann ich auch Zeugen befragen, eine Ortsbesichtigung machen oder bei strafrechtlichen Angelegenheiten ein Ordnungsgeld verhängen, wenn eine Partei nicht erscheint”, so Kottenberg. Da der Schiedsmann sein Amt im Stadtteil ausübt, könnte er theoretisch auch ehemaligen Schulkameraden, Nachbarn oder Bekannten gegenübersitzen. „Da gehe ich offen mit um”, versichert Kottenberg. Bei zufälligen Treffen im Supermarkt oder anderswo gelte: „Diskretion ist das A und O.” Alle Sitzungsprotokolle bewahrt der 65-Jährige sorgfältig in einem Ordner auf. Jährlich reicht er die Unterlagen beim Amtsgericht ein, das Kosten und Inhalt kontrolliere.

Manchmal bedürfe es schon gewaltiger Anstrengungen, zerstrittene Parteien wieder zusammenzubringen. „Die längste Sitzung hat viereinhalb Stunden gedauert”, erinnert sich Kottenberg. „Aber ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass da etwas drin ist. Und ein Zeitlimit gibt es sowieso nicht.” Gelegentlich gehe es sehr emotional und teilweise auch heftig zu. „Manchmal ist es gut, wenn man die Luft 'rauslässt.” Zu verbalen Entgleisungen dürfe es dabei natürlich nicht kommen. „Sonst wird ja gleich das nächste Schiedsverfahren fällig”, so Kottenberg.

„Bei Erfolglosigkeit bleibt es dem Antragsteller überlassen, doch noch das Gericht anzurufen”, erklärt der Schiedsmann. Zum Glück aber endeten die meisten Fälle gütlich. „Wichtig ist, dass beide Parteien hinter dem Ergebnis stehen”, betont Kottenberg, der gerade im Amt bestätigt wurde und sich weitere fünf Jahre für den Frieden in der Nachbarschaft einsetzen wird.