Essen. . Mit einer spektakulär gestalteten Fassade an der Ecke Wittering-/Rellinghauser Straße will Hausbesitzer Michael Curth zur Rettung des Regenwaldes beitragen. Künster Ben Mathis bemalte das gesamte Haus mit Bäumen und Blätterwerk, mit Ara, Jaguar und Gürteltier, mit Klammeraffe und Klippenvogel.

Keine Frage, das Eckhaus mit der schmuddelig-grauen Fassade konnte einen Anstrich vertragen. Doch der Eigentümer wollte mehr, wollte mal eben ein Stückchen Welt retten, genauer gesagt den Regenwald. Darum ließ er sein Gebäude Ecke Witteringstraße/Rellinghauser Straße mit Bäumen und Blätterwerk, mit Ara, Jaguar und Gürteltier, mit Klammeraffe und Klippenvogel bemalen.

Es ist ein Hingucker geworden, von dem sich Michael Curth eine aufrüttelnde Wirkung erhofft. Das Bild solle das Amazonas-Gebiet zeigen, das als Lunge der Welt gilt. „Und wegen der kommerziellen Ausbeutung durch die Holz- und Ölindustrie akut bedroht ist.“ Nun hat Curth gegen kommerzielle Interessen grundsätzlich wenig einzuwenden. Er hat für Tengelmann, Klöckner und McKinsey in leitenden Funktionen gearbeitet und ist heute Geschäftsführer der Mehr-Wert Immobilien GmbH & Co Kg.

Das Eckhaus Wittering-Rellinghauser Straße ist ein echter Hingucker. Foto: Ulrich von Born
Das Eckhaus Wittering-Rellinghauser Straße ist ein echter Hingucker. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool

Curth ist noch immer kein klassischer Umweltaktivist, doch er setzt nun schon mal Solaranlagen auf die Häuser, mit denen er handelt. Der Diplom-Kaufmann nennt das sein zweites Leben, zu dem eine junge Familie und ein Schlüsselerlebnis gehören, das er in diesem Juli hatte: „Bei einer Reise nach Peru ist mir die Schönheit des Regenwaldes klargeworden – und die große Gefahr, in der er schwebt.“ Weil Curth nach eigenen Angaben nicht gern lange fackelt, kaufte er sofort 87 Hektar Regenwald, reiste im Oktober wieder nach Peru, plante Verein und Stiftung.

Düsseldorfer Ben Mathis erhielt den Zuschlag

Um auch in Essen für sein Anliegen zu werben, beschloss er den spektakulären Anstrich. Das Haus an der Witteringstraße benötigte sowieso Farbe, es wird von vielen Passanten gesehen – und die Behörden hatten keine Einwände. „Solange ich da keinen Slogan drauf pinsele, sondern nur ein Bild.“ Auch seinen wichtigsten Mieter fragte Curth, denn unten im Haus ist eine Filiale von Bäcker Peter. „Ich fand die Idee sofort toll, auf diese etwas eigentümliche Art auf den Regenwald aufmerksam zu machen“, sagt Bernd Peter.

Fehlte bloß noch ein Künstler für die Umsetzung, und den wählte Curth mit Sorgfalt. Drei Entwürfe sah er sich an, „einer hat Gorillas dazugemalt, die gehören nicht nach Peru“. Am Ende überzeugte ihn der Düsseldorfer Ben Mathis – nicht allein wegen seiner Kenntnisse der südamerikanischen Fauna, sondern vor allem künstlerisch. Vier Wochen hat der 34-jährige an dem etwa 400 Quadratmeter großen Werk gearbeitet, 90 Liter Streichfarbe verarbeitet und 200 Sprühdosen geleert. „Als ich die ersten hellgrünen Striche auftrug, waren viele Passanten entsetzt.“ Als die grelle Grundierung schwand, als Bäume und Tiere sichtbar wurden, wuchsen Neugier und Sympathie der Anwohner.

Künstler ist von Hauptberuf Apotheker

Auch ein Jaguar hat es an die Hauswand geschafft. Foto: Ulrich von Born
Auch ein Jaguar hat es an die Hauswand geschafft. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool

Es ist nicht das erste Haus, das Ben Mathis bemalt, in seiner Heimatstadt Düsseldorf hat er drei Fassaden gestaltet, zwei mit grafischen Motiven, eins mit einem chinesischen Drachen. „Die stehen in der Kiefernstraße, wo früher viele Häuser besetzt waren, eine bunte Gegend, wo sie natürlich nicht so auffallen wie der Regenwald hier an der Ecke.“

Übrigens habe er nichts gegen Auftragsarbeiten, so lange er nicht stur abmalen müsse, sondern aus einer Idee einen eigenen Entwurf erarbeiten könne. Nach einer Absage der Düsseldorfer Kunstakademie und zwei Semestern Industriedesign, die ihn langweilten, hatte sich Mathis die Existenz als freier Künstler abgeschminkt. „Ich brauchte einen Brotberuf, habe Pharmazie studiert und bin gerade frisch approbiert.“ In Zukunft arbeitet der Künstler als Apotheker, zumindest hauptberuflich.