Bergerhausen. . Das Leben im Ruhestand war der ehemaligen Sportlehrerin Renate Wormit zu langweilig. Wie gut für die 60-Jährige, dass die Essener Seniorengemeinschaft immer auf der Suche nach Übungsleitern ist. Vor allem für die Wasserkurse - auch wenn Wasser vorher gar nicht das Element der Bergerhauserin war.
Sportlich war sie eigentlich immer, nicht nur von Berufs wegen. „Aber mit Wasser hatte ich eigentlich nicht viel am Hut“, erinnert sich Renate Wormit, früher Sportlehrerin, jetzt Übungsleiterin für Wassergymnastik bei der Essener Seniorengemeinschaft (ESG). Der Verein erfreut sich bei älteren Menschen, die sich fit halten wollen, zunehmender Beliebtheit. Mit der Zahl der Kurse steigt aber auch der Bedarf an qualifizierten Übungsleitern.
Vor zwei Jahren ging die 60-Jährige in den Vorruhestand. Nach einem halben Jahr hatte sie genug davon, sich um Haus und Garten zu kümmern, ihren Mann und die zwei erwachsenen Kinder zu bekochen. „Irgendwie fehlte mir eine sinnvolle Aufgabe, ich war geistig nicht gefordert“, sagt Wormit. Und ein kleiner Nebenverdienst kam angesichts der Einbußen durch das frühzeitige Ausscheiden aus dem Beruf nicht ungelegen.
Renate Wormit ergriff selbst die Initiative, sprach bei der ESG vor. „So ein paar Stunden Gymnastik-Unterricht wöchentlich in der Halle, das wäre genau mein Ding gewesen“, lacht die Bergerhauserin, die immer noch um 6 Uhr aufsteht. Doch irgendwie kam es anders. „Wir haben sie erst mal auf die Springerliste gesetzt, als Urlaubs- und Krankheitsvertretung“, berichtet Susanne Kühnel, Geschäftsführerin der ESG. „Aber eigentlich suchten wir ja Übungsleiter für Wassergymnastik.“ Der Haken an der Sache: Wer solche Kurse gibt, muss Rettungsschwimmer sein, man weiß ja nie, was während der Stunde passiert. auch im flachen Wasser kann es zu Notfällen kommen.
Den Schein hatte Renate Wormit in jüngeren Jahren bereits dreimal bestanden, doch jetzt mit 60 . . . Die Anforderungen seien schon sehr hoch: einen Fünf-Kilo-Gegenstand vom Beckenboden bergen, zehn Meter weit tauchen, Personen abschleppen und lebensrettende Sofortmaßnahmen ergreifen. Würde sie das schaffen?
Renate Wormits Ehrgeiz war geweckt. Zweimal die Woche trainierte sie selbstständig, verbesserte Kondition und Atemtechnik, um die Anforderungen zu erfüllen. Nach acht Wochen Training die Enttäuschung: Prüfung nicht bestanden. „Ich war ganz schön frustriert“, erinnert sich Wormit. Im zweiten Anlauf klappte es - und was fast noch wichtiger ist, es hatte Spaß gemacht, Leistung zu erbringen und den inneren Schweinehund zu überwinden.
„Und noch mehr Spaß macht es, dass ich jetzt vier Kurse betreue“, sagt die fitte 60-Jährige, die privat Rennrad fährt, walkt und ins Fitness-Studio geht. „Sport ist halt meine Leidenschaft. zum Glück zieht mein Mann mit. Und es ist toll zu sehen, wie viel der Sport den Senioren bringt“, sagt sie und stürzt sich Woche für Woche in die Vorbereitung, um den Teilnehmern ein abwechslungsreiches Programm zu bieten.
Renate Wormit unterrichtet in vier verschiedenen Bädern. Ach ja, die ursprünglich geplanten Vertretungsstunden im Wasser und in der Halle gibt sie zusätzlich. Den Sprung ins kalte Wasser hat sie nie bereut - weder im wörtlichen noch im übertragenen Sinn.