Holsterhausen. Ein weitgehend selbstständiges Leben führen die Bewohner der Außenwohngruppe der Lebenshilfe an der Goethestraße trotz geistiger Behinderung.
Die Lebenshilfe Essen feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Deutlich jünger ist die Außenwohngruppe Goethestraße, die es als teilstationäre Einrichtung in dieser Form erst seit elf Jahren gibt.
„Einige unserer Bewohner leben schon seit der Gründung unserer Zweigstelle bei uns“, erzählt Ellen Nemec, Leiterin der Wohngruppe. Zurzeit wohnen fünf geistig behinderte Frauen und Männer, die halbtags professionell betreut werden, in der Einrichtung. Sie alle arbeiten bis nachmittags in Behindertenwerkstätten, in denen sie leichte Handwerkstätigkeiten erledigen. Diese Selbstständigkeit ist unverzichtbar, um in der Außenwohngruppe leben zu können, betont Ellen Nemec.
„Hier waschen alle ihre Wäsche selbst und müssen alleine ihr Zimmer in Ordnung halten“, erzählt die Leiterin, „trotzdem helfen wir natürlich immer, wenn es ein Problem gibt, und bei schwierigen Dingen wie der Gesundheitsvorsorge“. Nach der Arbeit setzen sich die Betreuer täglich mit den Bewohnern zusammen, trinken Kaffee und besprechen den restlichen Tagesablauf. Die Betreuer helfen dann zum Beispiel beim Aufteilen der Hausarbeit, organisieren Einkäufe und die Instandhaltung des Anwesens. Denn im Haus an der Goethestraße hat jeder, je nach eigenen Fähigkeiten, Aufgaben zu erledigen.
„Einige Bewohner arbeiten gerne in der Küche, andere mähen lieber den Rasen. Aber egal, welche Verantwortung sie übernehmen, es ist wichtig, dass sie in den normalen Alltag eingebunden werden“, weiß Nemec.
Neben der Hausarbeit, bei der die Frauen und Männer tatkräftig durch die Mitarbeiter der Lebenshilfe unterstützt werden, stehen auch Freizeitaktivitäten auf dem Programm. Einige Bewohner nehmen in der Woche an den Sportangeboten des Vereins teil. Angeboten werden unter anderem Tennis, Schwimmen, Kegeln und Wassergymnastik. Abends schauen die Bewohner oft zusammen fern. „Ganz besonders freuen sie sich, wenn Fußballspiele übertragen werden. Da finden richtige Fachgespräche statt“, berichtet Nemec. Weil die Bewohner sich so für den Ballsport begeistern, steht ihnen auch ein Kickertisch zur Verfügung. Am Wochenende unternehmen die Bewohner gemeinsam mit ihren Betreuern gelegentlich Ausflüge. „Wir gehen in die Eisdiele, in die Gruga oder besuchen Konzerte. Natürlich schauen am Wochenende auch oft die Familien der Bewohner vorbei“, so Nemec. Denn für viele Eltern sei es anfangs schwierig, ihre Kinder allein wohnen zu lassen. „Aber der Auszug ist auch eine Entlastung für die Familie und wir achten darauf, dass sich neue Bewohner hier wohlfühlen und kein Heimweh haben“, erzählt die Leiterin. Wer in die Wohngruppe einziehen will, muss volljährig sein und eine gewisse Selbstständigkeit mitbringen.
Bewerber haben außerdem die Möglichkeit, eine Woche zur Probe zu wohnen, „damit die Chemie stimmt“, so Nemec. Und die stimmt in der Wohngruppe an der Goethestraße. Meist sind die Bewohner untereinander befreundet. auch Partnerschaften habe es in der Wohngruppe bereits gegeben. Gefeiert wird gemeinsam, im eigenen Partykeller. zu Halloween und Karneval auch mal mit den Bewohnern der anderen Außenwohngruppen der Stadt.
Wer eine Auszeit braucht, kann sich jederzeit in sein „eigenes Reich“ zurückziehen. Jeder richtet sein Zimmer nach eigenem Geschmack ein, alle haben einen Fernseher und eine Stereoanlage. Ellen Nemec erklärt: „Jeder hat seinen Freiraum, aber die Gruppe verbringt viel Zeit miteinander. Das Zwischenmenschliche wird hier großgeschrieben.“ Und Bewohnerin Claudia Pottgießer ergänzt: „Ja, es ist toll hier. Mir gefällt einfach alles hier.“