Essen. Die Straßen rund um den Isenbergplatz im Essener Süden entwickeln sich langsam aber sicher zum Künstlerquartier. "Wir machen alles - außer Schuhe", versprechen die Betreiber des "3mal" und der "Casa Frankenstein", beides Orte der modischen Rundumerneuerung.
Essen ist nicht Düsseldorf. Doch die Straßen rund um den Isenbergplatz entwickeln sich langsam zum Designer- und Künstler-Viertel. Man kennt sich, man hilft, unterstützt und ergänzt sich. Fast alles, was man sich vorstellen kann, kann man dort kaufen – nur keine Massenware. Keimzelle des Ganzen: Sechs Mode-, Möbel-, Schmuck-Designerinnen, Make-up- und Hairstylistinnen, die früher mal für denselben Chef arbeiteten und dann beschlossen, ihr eigenes Ding zu machen.
Und das ist ungewöhnlich genug: Sechs Frauen und weitere Kolleginnen arbeiten Hand in Hand in zwei Ateliers an der Rellinghauser und Isenbergstraße, wobei „Casa Frankenstein” nur der Produktion dient, während das „3mal” gleichzeitig Werkstatt, Beratungsstelle und Verkaufsladen ist. „Wir machen alles - außer Schuhe”, erklärt Stylistin Gülay Güleryüz (28). Und wenn sie anfängt, „alles” näher zu beschreiben, kommt man kaum mit: Kleidung, Möbel, Schmuck, Hüte, Accessoires ändern, aufarbeiten, neu entwerfen, Farb-, Make-up-, Frisur- und Stylingberatung, Näh- und Schminkkurse...
Vom Brautkleid bis zum Sofabezug
„Wir stylen Kunden - Frauen wie Männer - auf Wunsch komplett um, oder entwickeln mit ihnen gemeinsam ihr Wunschteil”, erläutert Diplom-Designerin Jana Januschewski (29). Die Kunden können schon im Laden vorhandene Teile kaufen, diese in Größe, Farbe und Schnitt variieren oder ganz neue Dinge anfertigen lassen - vom Brautkleid bis zum Sofabezug.
So werde der Kunde selbst ein Stück weit zum Designer und damit Teil des Ganzen. „Wir verkaufen nicht unsere Vorstellungen als die einzig wahren. Die Leute beschreiben, was sie wollen, und wir entwickeln es mit ihnen, zeichnen auf, beraten und realisieren so am Ende die Idee des Kunden”, ergänzt Stylistin Matea Bajurin (33). Der Kunde könne auch vorbei kommen und zusehen, wie sein Kleidungs- oder Schmuckstück entstehe.
Viel zu gucken
Natürlich sei es keine Pflicht, mit eigenen Ideen zu kommen. „Wir lassen uns schon was einfallen”, verspricht Gülay Güleryüz, die davon überzeugt ist, dass die meisten Frauen automatisch von den für sie richtigen Accessoires angezogen werden. „Wenn jemand hier im Laden vor der Wand mit Ohrschmuck steht, beobachte ich genau, wohin der Blick geht, was intensiv betrachtet wird.”
Und zu gucken gibt es viel im „3mal”: Stoffe, fertige Kleidungsstücke, Schmuck in allen Variationen, Farbkarten, gezeichnete Entwürfe, Kataloge, Bilder und vieles mehr. „Bei Hochzeiten kann man bei uns den Rundum-Service erhalten: vom Kleid über die Tischdeko bis zu den Fotos”, erklärt Jana Januschewski.
Von Konkurrenzdenken keine Spur
Das „3mal” eröffnete im Dezember 2008, im März starteten Claudia Hoffmann (26), Aleksandra Stojanovic (31) und Anna Dietrich (29) mit „Casa Frankenstein” richtig durch, unterstützt von Indira Ibrulj, Christiane Wallrodt und Amina Tekiyeh. „Wenn Kunden mit Ideen kommen, verweisen wir an diejenige, die das Gewünschte am besten kann. Das klappt wunderbar”, weiß Matea Bajurin. Von Konkurrenzdenken also keine Spur. „Wir helfen uns gegenseitig, ergänzen uns perfekt mit unseren sehr unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten und haben auch finanziell eine Regelung gefunden, die alle zufriedenstellt.”
„Wir wollen niemandem etwas aufschwatzen, mit dem er nicht glücklich ist. Es muss zur Persönlichkeit passen, egal was es ist”, ist Gülay Güleryüz überzeugt. Unterstützt werden die Frauen, die abwechselnd im Geschäft Dienst haben, auch von benachbarten Ladenbesitzern und Gastronomen. Bei der ersten Modenschau im Juni stellte einer die Musikanlage zur Verfügung, ein anderer die Sitzgelegenheit. „Das ist eine ganz tolle Atmosphäre hier und wir würden gern noch weitere Leute mit ins Boot holen. Deshalb suchen wir auch noch eine Werkstatt in der Nähe”, erklärt Gülay Güleryüz. Und vielleicht entfällt dann bald das „außer Schuhe”.
Das „3mal”, Rellinghauser Straße 114, ist montags bis freitags, 11 bis 18 Uhr, und samstags, 11 bis 16 Uhr, geöffnet.