Rüttenscheid. .

Seit 25 Jahren gibt es den Biohof Rüttenscheid. Vor einigen Wochen wäre er beinahe wegen großer Konkurrenz geschlossen worden.

„Als ich im Oktober 1990 als Aushilfe im Biohof Rüttenscheid anfing und ein halbes Jahr später das Geschäft übernahm, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, was mir viel Freude macht“, erinnert sich Inhaberin Andrea Bläsing (46). Im Prinzip habe sich bis heute daran wenig geändert. Geändert haben sich allerdings die Zeiten. Damals war die Bio-Bewegung noch klein, der Biohof besetzte eine Nische. Heute gibt es etliche Bio-Großhändler und fast jeder Supermarkt führt ein Bio-Sortiment. Auch auf dem Markt sind inzwischen Bio-Produkte aller Art zu finden.

Der Konkurrenzdruck macht Andrea Bläsing zu schaffen. Im März beschloss sie frustriert: „Ende Juni ist Schluss!“ Die Folge: traurige, entrüstete Kunden, die mit Sitzstreik und Unterschriftenaktion drohten, weil so ein Laden für sie und für Rüttenscheid unverzichtbar sei.. „In vielen Gesprächen habe ich dann deutlich gemacht: Auch wenn es hier alle noch so schön und idyllisch finden: Ein Laden lebt halt vom Verkauf, der Kunde bestimmt letztendlich, ob es weitergeht“, sagt Andrea Bläsing. Sie verlängerte die Frist bis zu den Sommerferien, reduzierte Preise, stoppte Nachbestellungen, kurz: sie startete den Ausverkauf. „Was natürlich Hamsterkäufe und innerhalb kürzester Zeit halb leere Regale zur Folge hatte. Die Kunden schleppten den Wein gleich kistenweise weg. Ich musste doch wieder nachbestellen“, erklärt die Geschäftsfrau.

Anfang Juli saß sie auf der Bank vor dem Laden - und bekam Zweifel: „Eigentlich doch schade, wenn jetzt Schluss ist. Irgendwie muss man ja Geld verdienen, und Frust und Abhängigkeiten gibt es ja überall.“ Und sie beschloss, weiter zu kämpfen und den Laden, den sie schon so lange mit so viel Herzblut betreibt, weiterzuführen.

„Jetzt sind das natürlich schwierige Wochen: Wegen der Ferien ist es sehr ruhig, und viele meiner Kunden haben sich ja im Ausverkauf eingedeckt, so dass sie erst mal keinen Bedarf haben“, stellt Andrea Bläsing fest, hat aber ihren Optimismus wiedergefunden, dass auch wieder bessere Zeiten kommen.

Und so können die Kunden weiter Kosmetik und Wein. Obst und Gemüse, Feinkost und Käse aus der Theke kaufen. Für Qualität zahlen sie gern einen etwas höheren Preis. „Im Vordergrund steht Geschmack und Genuss und die Tatsache, dass die Biowaren gesund und transparent produziert sind“, weiß die Geschäftsfrau, die sich bemüht, Kundenwünsche innerhalb weniger Tage zu erfüllen.

Und so geht die 25-jährige Tradition des Biohofs erst einmal weiter, den viele als Oase schätzen, sich gern im Hinterhof bei einem Kaffee im Freien erholen und die vier Kaninchen im Gehege beobachten. „Die schöne Lage ist aber auch gleichzeitig verhängnisvoll. Es kommt halt keine Laufkundschaft vorbei“, sagt Bläsing, Mutter von zwei Kindern und überzeugte Rüttenscheiderin. Ursprünglich absolvierte sie eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin, später studierte sie ein paar Semester Sinologie und Eurythmie. „Das war auf Dauer nichts für mich, ich muss mich bewegen, muss mit Menschen umgehen.“ In der Anfangszeit habe sie immer selbst im Geschäft gestanden, kaum Urlaub gemacht. Inzwischen unterstützen sie drei Mitarbeiter. „Der Laden ist und bleibt das, was mir Freude macht“, ist sie überzeugt.