Essener Süden. Pater Rodriguez ist wieder unterwegs. Die „Mutter Theresa von Asien” sammelt Altkleider, vorgeblich für einen guten Zweck.

Dieses Jahr klebten seine Bittbriefe schon an Haustüren in Borbeck, Rüttenscheid und Steele. Nun lebt Pater Rodriguez zwar wirklich auf den Philippinen. Aber die Altkleidersammler, die in seinem Namen unterwegs sind, segeln unter falscher Flagge. Weil im lukrativen Geschäft mit Alttextilien etliche schwarze Schafe unterwegs sind, haben kirchliche Organisationen vor 15 Jahren den bundesweiten Dachverband „Fairwertung” mit Sitz in Essen ins Leben gerufen. Unter seiner Aufsicht haben Stadt und Wohlfahrtsverbände das „Essener Modell” entwickelt, das bundesweit als vorbildlich gilt.

Das Thema „Sammlung und Verwertung von Alttextilien” wird den Umweltbeirat am Donnerstag erneut beschäftigen. Anlass: Seit dem Wegfall des Sammlungsgesetzes NRW sieht sich die Stadt immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, die Stadt toleriere illegale Textilabfalltransporte. Mit einem umfangreichen Bericht „konnten diese Vorwürfe für die Stadt Essen als gegenstandslos entkräftet werden”, sagt Umweltdezernentin Simone Raskob.

In einem zweiten Schritt hat die Verwaltung jetzt das Essener Modell zum Umgang mit Altkleidern dokumentiert. Es besteht wesentlich aus zwei Säulen, dazu kommen die Sammlungen und Kleiderbörsen verschiedener Kirchengemeinden. Die Entsorgungsbetriebe und das Arbeits- und Beschäftigungsprojekt „A.i.D.” betreiben jeweils ein Kleidersammelsystem. Die Entsorgungsbetriebe sind in der Pflicht, weil Altkleider deklariert sind als „Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger grundsätzlich zu überlassen sind”. Deshalb haben die Entsorgungbetriebe an 300 Standorten Altkleidercontainer aufstellen lassen.

Politisch noch korrekter sind die gemeinnützigen Sammlungen von Diakonie, Caritas und DRK. Sie erfüllen die strengen Vorgaben des Dachverbandes „Fairwertung”: wahrheitsgemäße Information über Träger, Zweck und Verwendung der Sammlung, Dokumentation der Verwertung und vor allem möglichst wenig Einspeisung in das globale Verwertungssystem. Deshalb betreiben die Verbände gemeinsam die „Essener Kleiderkammer”, die kostenlos Kleider an Bedürftige abgibt. „Eine zunehmende Zahl der angeschlossenen Organisationen betreibt Secondhand-Läden, in denen gut Erhaltenes zu günstigen Preisen angeboten wird”, sagt Fairwertung-Geschäftsführer Andreas Voget. Was in den Containern mit dem „Fairwertungs”-Logo landet (siehe Tabelle), wird entweder kostenlos an Bedürftige verteilt oder in Kleiderläden für kleines Geld verkauft.

Erst die Altkleider, die danach übrig blieben, gehen an Recyclingfirmen. Die Erlöse des Verkaufs fließen in das Arbeits- und Beschäftigungsprojekt der Diakonie (A.i.D.), die Langzeitarbeitslose wieder für den Arbeitsmarkt qualifizieren will und selbst dem Dachverband angeschlossen ist.

Die Kleidersammlungen der Kirchengemeinden schließlich landen zu großen Teilen in eigenen Kleiderkammern oder bei der Caritas. Die verteilt sie weiter an Kinderheime in Rumänien, Roma-Siedlungen oder Flüchtlingslager auf dem Balkan.

Bilanz der Umweltdezernentin Simone Raskob: Die Verbände „leisten einen wichtigen Beitrag für die Einhaltung sozial- und umweltpolitischer Standards bei der Sammlung, Sortierung und Vermarktung der Kleidungsstücke.”