Essen-Rellinghausen. . Die Ehrengarde der kath. Gemeinde St. Lambertus führt am 31. März elf neue Mitglieder ein. In anderen Gemeinden sterben die Federhutträger aus.
Ein ungewöhnliches Ereignis wird am Sonntag, 31. März, in der Kirche St. Lambertus in Rellinghausen gefeiert. In Zeiten, in denen viele Vereine und besonders kirchliche Institutionen unter starkem Mitgliederschwund leiden, werden elf neue Mitglieder der Eucharistischen Ehrengarde offiziell eingeführt.
Ein Großteil davon sind junge Männer Ende 20, die eine gemeinsame Vergangenheit als Pfadfinder haben. „Die Gruppe ist der Pfadfinderschaft St. Georg entwachsen, wollte aber zusammenbleiben und sich weiter in der Gemeinde engagieren“, sagt Heinrich-Josef Jodocy, Chef der Ehrengarde in St. Lambertus.
Säbel gehören bei der Ehrengarde zur Ausstattung
Der 58-Jährige ist Oberst der Rellinghauser Gruppe. „In der Ehrengarde werden noch immer militärische Titel verwendet, auch die Säbel gehören weiterhin zum Gardeanzug“, erläutert Jodocy. Das Wort Uniform vermeide man allerdings weitgehend.
Zuletzt sei die Zahl der Mitglieder aufgrund der Altersstruktur auf fünf geschrumpft, so Jodocy. Die Ehrengarde in St. Lambertus sei 1911 gegründet worden und hatte lange Zeit zwischen 15 und 25 Mitglieder. „Aufgabe der Ehrengarde ist offiziell die Verherrlichung der Eucharistie.“ Heute komme die Ehrengarde in Rellinghausen eigentlich nur noch zu vier Anlässen im Jahr zum Einsatz: bei den Prozessionen und Messen zum Annenfest und dem damit verbundenen Stadtverbandstag der Essener Ehrengarde, bei der Erstkommunion, der Fronleichnamsprozession und beim Christkönigfest im November, bei dem eine Fahnenabordnung mitwirke.
„Die Ehrengarde hat heute dekorative Funktion bei feierlichen Messen“, sagt Heinrich-Josef Jodocy. Früher hätten die Mitglieder allerdings wie eine Art Schweizer Garde die Hostien bei den Prozessionen gegen Übergriffe anders Denkender schützen müssen. „Die Ehrengarden sind zu Kaiserzeiten entstanden und hatten damals großen Zulauf“, sagt der Oberst der Rellinghauser Truppe. Während der Ruhrbesetzung nach dem Ersten Weltkrieg hätten die Mitglieder die Säbel abgeben müssen, zur Zeit des Nationalsozialismus’ seien die Ehrengarden unerwünscht gewesen.
Nach beiden Weltkriegen sei der Zulauf zu der Gruppe besonders groß gewesen, gerade auch von ehemaligen Soldaten. „Die Menschen hatten damals ein großes Bedürfnis nach Geselligkeit und Gemeinschaft“, erklärt Jodocy, der eigentlich aus Überruhr kommt, dann nach Rellinghausen zog und dort vor 20 Jahren in die Ehrengarde eintrat. Der 58-Jährige arbeitet als Ingenieur im Maschinenbau und beschäftigt sich in seiner Freizeit mit Ahnenforschung. Bis heute sei die Ehrengarde eine reine Männerdomäne. Versuche, sie für Frauen zu öffnen, seien teils an seltsamen Argumenten gescheitert. Zum Beispiel, dass die Garderöcke bei weiblichen Formen nicht passen würden.
Kopfbedeckung wird im Karnevalsladen nachgekauft
Tatsächlich seien die Uniformen in der Gemeinde vorhanden, würden für neue Mitglieder nur umgearbeitet. Fehlende oder nicht passende Teile wie die Kopfbedeckung könne man in Online-Versandhäusern oder Karnevalsläden nachkaufen. Das Ornat der Ehrengardisten zeichne sich durch den weißen Federbusch am Hut aus. Neulinge lernten von den erfahrenen Mitgliedern, wie man die Kleidung richtig anlege.
Die Einsätze, bei denen oft die schwere Fahne getragen werde, könnten ziemlich anstrengend sein. „Vor allem bei der Fronleichnamsprozession oder im Sommer beim Annenfest kann es ganz schön heiß werden, wenn man die komplette Messe in der prallen Sonne stehen muss“, weiß Heinrich-Josef Jodocy aus Erfahrung. Er ist stolz auf die Neuzugänge: „Unsere Gemeinde ist mit den vielen neuen Ehrengardisten in Essen die Ausnahme. In anderen Gemeinden lösen sich die Garden gerade auf“, sagt er.
>>>FEIERLICHE EINFÜHRUNG IN DER MESSE
- Die feierliche Einführung der elf neuen Ehrengardisten findet am Sonntag, 31. März, in der Messe um 11.15 Uhr in St. Lambertus, Am Glockenberg, statt.
- Der erste Einsatz steht dann zur Erstkommunion in wenigen Wochen an. Oberst Heinrich-Josef Jodocy hofft, dass die neuen Mitglieder frischen Wind in die Gruppe bringen und möglichst lange dabei bleiben.