Essen-Rellinghausen. . Der Rellinghauser Sven Milpauer (40) baut seine Heimat im Maßstab 1:87 nach. Dabei erzählt jedes Detail eine ganz besondere Geschichte.
Über die Feiertage hatte Sven Milpauer ein bisschen Zeit, sich wieder einmal im Keller seinem Hobby zu widmen. Der 40-Jährige ist Modellbauer aus Leidenschaft und baut seit über einem Jahr an einer rund 4,50 Meter langen Ruhrgebietsszenerie, die viele Kindheitserinnerungen beinhaltet. „Das Ende des Bergbaus hat mich sehr berührt. Ich bin froh, dass der Förderturm für meine Zechensiedlung noch rechtzeitig vor dem Jahresende eingetroffen ist und ich ihn über Weihnachten aufbauen konnte“, sagt der Rellinghauser.
Beruflich ist Sven Milpauer als Zahntechnikermeister tätig, einen Teil seiner freien Zeit verbringt der Vater einer Tochter allerdings im Keller bei der Arbeit an seinem Modell. Im Stadtteil ist Sven Milpauer schon durch weitere Modelle bekannt. So baute er für die Ardeyschule, die seine Tochter besucht, das Schulgebäude nach. Damit unterstützt er die Eltern-Arbeitsgemeinschaft, die sich für den Bau einer Mehrzweckhalle einsetzt.
Zuletzt fertigte Milpauer mit Schulkindern gemeinsam ein originalgetreues Modell des Blücherturms, das er der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald im Rahmen der Preisverleihung für einen von ihr ausgeschriebenen Mal- und Bastelwettbewerb mit heimatkundlichem Hintergrund überreichte.
Wer das Ruhrgebietsmodell von Sven Milpauer betrachtet, erkannt viele Essener Details, wie die Weiße Flotte auf dem Baldeneysee, wieder. Andere Dinge wiederum sind erdacht, wie die nackt badenden Camper am Seeufer. „Ich bin in Essen-Horst nahe der Ruhr aufgewachsen“, berichtet der Rellinghauser, der sein fiktives Bergbau-Städtchen in Abkürzung seines Nachnamens Milaue genannt hat. „Viele Dinge stammen aus den 1950er und 1960er Jahren, aber es gibt auch Details wie den Evag-Bus, die eher den 1970er Jahren zuzuordnen sind“, erklärt Milpauer.
Störche auf dem Dach kennt der Modellbauer noch
Er habe als Kinder sogar noch Störche auf den Dächern erlebt – und die Erinnerung daran natürlich auch in seinem Ruhrgebietsmodell verarbeitet. Angefangen habe seine Liebe zum Modellbau mit einer kleinen Märklin-Eisenbahn. „Ein bisschen ist das der Ausgleich für die Dinge, die man als Kind nicht hatte“, sagt der Rellinghauser. Sein Interesse verlagerte sich aber schnell von der elektrischen Eisenbahn zur Gestaltung der Umgebung aus Gips und anderen Materialien. Milpauer arbeitet im Maßstab 1:87. „Einige Teile kann man als Bausatz bestellen, die arbeite ich aber oft individuell um. Andere Dinge mache ich komplett selbst, was manchmal ziemlich aufwendig ist.“ So zum Beispiel das Wasser des Baldeneysees, das er aus Toilettenpapier modellierte, mit Acrylfarbe kolorierte und ihm dann mit acht Schichten Bootslack die gewünschte Struktur verpasste.
VW-Käfer erinnert an das erste eigene Auto
Die Frau, die beobachtend im offenen Fenster liegt, der Gemüsegarten zur Selbstversorgung, der Hasenstall hinter dem Haus – einige Details kennt Sven Milpauer noch aus der eigenen Erfahrung, andere aus den Berichten seiner Eltern und Großeltern. Der schwarze VW-Käfer vor dem Haus erinnere ihn an sein erstes Auto. „Der war allerdings weiß“, sagt der Familienvater.
Viele Details erschließen sich dem Betrachter erst bei genauerem Hinsehen, andere nur nach Hinweis des Modellbauers. „Dort hinter der Kirche findet gerade eine Beerdigung statt“, verweist er auf das ausgehobene Grab. Sogar die Grablichter leuchten.
Litfaßsäule, Wasserturm, Bahnhof, ein kleiner Fluss, eine Schafherde, grasende Pferde, ein Baumhaus, das Milpauer als kleiner Junge gern gehabt hätte – alles ist originalgetreu nachgebaut. Die Idee, einen grauen Zeppelin mit Fuji-Werbung über seinem Städtchen schweben zu lassen, hat der 40-Jährige wieder verworfen. „Im richtigen Maßstab wäre der zu wuchtig geworden“, so Milpauer.
Ausstellung des Modells wäre durchaus möglich
Fertig sei das Ruhrgebietsmodell noch lange nicht. Als nächstes plant der Rellinghauser ein gelbes Rapsfeld. Und wenn der Leierkastenmann dann noch das Steigerlied spielen würde – dann wäre Milpauer glücklich. Bisher hat er nur Verwandten und Freunden sein Modell gezeigt. Eine Präsentation an anderem Ort ist jedoch nicht ausgeschlossen. Das Modell lässt sich in drei Abschnitte teilen – und dann bequem transportieren.