Essen-Bredeney. . Am Gebäude der Jugendhilfe über dem Baldeneysee stehen jetzt zwei Bienenstöcke. Die Tiere produzieren Honig und erhalten die Pflanzenvielfalt.
Gäste sind im Emil-Frick-Haus, der Tagungsstätte der Jugendhilfe Essen, stets willkommen: Nun allerdings haben sich auf einen Schlag rund 100 000 Neuankömmlinge im Haus am Baldeney einquartiert. Imker Sven Claßen brachte zwei dicht bevölkerte Bienenstöcke in den Essener Süden.
Die summenden Honigsammler haben direkt hinter dem Emil-Frick-Haus Quartier bezogen und sollen dort auch längere Zeit verweilen, wie Daniel Göbel, Gartenlandschaftsbauer im Dienste der Jugendhilfe, erklärt: „Die Bienen sollen uns künftig dabei helfen, die prächtige Flora auf dem weitläufigen Gelände zu bewahren.“ Zudem hat das Ganze auch noch einen zuckersüßen Nebeneffekt, denn die neuen Untermieter produzieren immerhin bis zu 60 Kilo Bio-Honig im Jahr.
Sven Claßen ist mit sich und seiner Welt im Reinen: „Imker zu werden, war die beste Entscheidung meines Lebens – das sagt auch meine Frau.“ Der gelernte Automobilkaufmann arbeitet seit drei Jahren mit Bienenvölkern, davor war er als Maschinentechniker tätig. Politisches Engagement habe ihn damals zum Umdenken gebracht, erzählt Claßen.
Der Alltag sollte sinnvoll sein, der kräftige Idealist wollte seinen Beitrag für Naturschutz und Artenvielfalt leisten – und sein Wissen an Kinder und Jugendliche weitergeben. Im Emil-Frick-Haus schauen ihm die teilnehmenden Gartenlandschaftsbauer aus der Gemeinwohlarbeit der Jugendberufshilfe regelmäßig über die Schulter. Im Moment schaut Sven Claßen wöchentlich einmal nach seinen Bienen. Gleich zu Beginn seiner Visite pustet er etwas Rauch in den Bienenkorb, um die Brummer etwas zu beruhigen.
Rückzug ist ein abgespeichertes Verhaltensmuster
Im Grunde genommen gaukelt der Imker seinen Bienen so einen Waldbrand vor und löst bei ihnen ein über Millionen von Jahren abgespeichertes Verhaltensmuster aus: Sie ziehen sich zurück, futtern Honig und auch ihre Stechlust nimmt deutlich ab. Diese „Auszeit“ nutzt der Imker dann zum Arbeiten am Stock.
Die Königin des Bienenvolks legt bis zu 2000 Eier am Tag, die Honig-Bienen schwirren bis zu drei Kilometer durch den Stadtwald, um ihre Larven zu versorgen. Nebenbei bestäuben sie ihre Umgebung: „Die sind nicht auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Diesem Umstand verdanken ungefähr 80 Prozent unserer Nutzpflanzen und ein großer Teil der Wildblumen ihr Dasein“, weiß Sven Claßen. Das wiederum freut Gartenlandschaftsbauer Göbel.
Entnommener Honig wird durch Zuckerwasser ersetzt
Imker Claßen hat natürlich auch den Honig im Blick. „Den Honig, den ich ernte, ersetze ich durch Zuckerwasser“, sagt er. Der süße Nektar darf das Gelände des Emil-Frick-Hauses allerdings nicht verlassen, denn auch in Essen wurden schon einige akute Fälle von Amerikanischer Faulbrut registriert, eine durch Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit, die den Tod der gesamten Brut bedeuten kann. Daher sind die Auflagen der Stadt sehr streng. Vor Ort genießen darf man den Honig allerdings bedenkenlos. Die Krankheit ist für den Menschen ungefährlich.
In der Hochsaison von April bis Juni schaut Claßen einmal wöchentlich nach dem Rechten, weil „die Bienen sonst abschwärmen“. Jetzt, im August, endet die Hochsaison, im Herbst werden die Völker auf den Winter vorbereitet.
Die Bienen werden von einer Firma ausgeliehen
Wie kommen die Bienenstöcke samt Imker auf das von Wald umgebene Areal der Jugendhilfe über dem Baldeneysee? Ganz einfach: Sie sind geliehen. Die Firma Bee-Rent verleiht und betreut Bienen gegen Gebühr.
Im Emil-Frick-Haus werden die Leasingkosten von einer großen Drogeriekette übernommen, die setzt mit ihrer Patenschaft laut Claßen „ein Zeichen gegen das Bienen- und Insektensterben“. Infos unter: www.bee-rent.de