Essen-Rellinghausen/Stadtwald. . Die Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald fördert Geschichtsprojekte. Seit dem Kauf des Blücherturms ist der Vorsitzende Johannes Stoll aktiv.
Beruflich war Johannes Stoll, Vorsitzender der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald, viel unterwegs, arbeitete als Bauingenieur oft in Asien. Vielleicht hat er gerade deshalb ein besonders enges Verhältnis zu seinem Stadtteil Rellinghausen, in dem er seit den 1970er-Jahren lebt. Das Engagement für sein Umfeld ist für ihn eine Herzenssache. Seit zehn Jahren ist er Vorsitzender der Bürgerschaft und hat seitdem mit seinem Vorstandsteam viele Aktionen angestoßen, um die Erinnerung an die Geschichte des Stadtteils wachzuhalten und das Wohnumfeld zu verschönern.
„Ich bin damals wegen des Arbeitsmarktes aus dem Allgäu ins Ruhrgebiet gekommen, habe dann hier meine Frau kennengelernt“, blickt Stoll zurück. Er trat in die Bürgerschaft ein, hatte aber aus beruflichen Gründen keine Zeit, sich zu engagieren. Als die Bürgerschaft 1997 den denkmalgeschützten Blücherturm für 20 000 Mark von der Stadt kaufte und für 320 000 Mark aufwendig restaurieren ließ, habe man ihn um fachlichen Rat gefragt. Da sei er dann irgendwie in die Arbeit für den Verein hereingewachsen.
1998 wurde Stoll Vorstandsmitglied, 2000 stellvertretender Vorsitzender, 2008 schließlich Vorsitzender. Seit er keine beruflichen Verpflichtungen mehr habe, bleibe Zeit, um sich um die Belange des Stadtteils zu kümmern. Einen engagierten Mitstreiter hat er in Schriftführer Udo Kiesendahl. Der 69-Jährige wohnt seit den 1960er-Jahren mit Unterbrechungen in Stadtwald beziehungsweise Rellinghausen. Der Maschinenbauer war im Bereich Fördertechnik bei der Ruhrkohle tätig und ist schon seit einigen Jahren in Rente. Zur Bürgerschaft sei er durch den früheren Vorsitzenden Alex Patten gekommen, der den Verein von 1976 an 32 Jahre führte. „Ich nehme gern aktiv Einfluss auf das, was in meinem Umfeld passiert“, begründet Kiesendahl seinen Einsatz.
Bereits vor 1910 gab es verschiedene Bürgervereine
Die bürgerschaftliche Idee wurde in der Bürgermeisterei Rellinghausen bereits vor 1910 umgesetzt. Namentlich erwähnt sind verschiedene Bürgervereine, zu denen allerdings keine Details überliefert sind. „Der Auftritt einer Bürgerschaft Rellinghausen wurde erstmals im Ersten Weltkrieg, also nach der Eingemeindung Rellinghausens nach Essen, dokumentiert“, heißt es in der Chronik des Vereins. 1925 sei der Vorgänger der heutigen Bürgerschaft, der Verkehrs- und Verschönerungsverein Rellinghausen, entstanden. Er habe sich für die Vergrößerung des Friedhofs und den Bau einer Sportanlage im Walpurgistal eingesetzt.
Während der NS-Zeit und des Zweiten Weltkriegs ruhten die Aktivitäten und wurden erst 1950 wieder aufgenommen. In der Folgezeit habe der Verein großen Zulauf gehabt, die Mitgliederzahl wuchs auf rund 400, berichtet Stoll. „In den 1960er-Jahren ging sie dann rapide zurück. Vielleicht war die Konkurrenz durch das Fernsehen zu groß. Damals gab es sogar Überlegungen, den Verein aufzulösen“, so der Vorsitzende.
Restaurierung des Blücherturms war sehr aufwendig
Die kostspielige Restaurierung des Blücherturms – ein Projekt, das dem Verein wieder Auftrieb gab – sei nur mit Hilfe der NRW-Stiftung und weiterer Sponsoren möglich gewesen. Heute hat die Bürgerschaft wieder über 300 Mitglieder, auch aus anderen Städten. Sie verfolgen die Aktivitäten des Vereins, der zahlreiche historische Publikationen herausgibt, den Denkmalpfad um weitere Tafeln ergänzt und Ausstellungen organisiert.
Seit einigen Jahren verschönern historisch anmutende Laternen und Blumenampeln den Stadtteil, vor kurzem wurde ein Bücherschrank in Form einer alten Telefonzelle aufgestellt. Die Vorstandsarbeit übernähmen weitgehend die älteren Mitglieder. „Jüngere haben durch Job und Familie einfach wenig Zeit“, sagt Udo Kiesendahl.
Nach den ersten Überlegungen, den Blücherturm zu kaufen, musste der Verein 1994 aus juristischen Gründen in Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald e.V. umgewandelt werden. Heute hat der Verein seinen Sitz im Blücherturm, Am Stift 9, wo es neben einem Besprechungsraum auch Ausstellungsflächen gibt.