Essen-Bergerhausen. . Die Vorbereitungen für den Abriss und Neubau der Siedlung nahe der Ruhrallee laufen. Sozialarbeiter helfen bei der Suche nach einer neuen Bleibe.

Als die Mieter der Gewobau-Siedlung am Maßmannweg und Guts-Muths-Weg im Oktober vergangenen Jahres erfuhren, dass ihre Häuser abgerissen und neu gebaut werden, war das für viele erst einmal ein Schock. Jetzt laufen bereits die Umzüge – und das bisher weitgehend reibungslos, wie die zuständigen Sozialarbeiter und auch einige Mieter berichten.

Bis der erste Bauabschnitt am Maßmannweg 2020 beginnt, müssen dort alle ihre Wohnungen verlassen haben, die weiteren Bauabschnitte folgen im Zweijahresabstand.

Weitere Umzugstermine stehen im August an

Inzwischen sind bereits etliche Mieter umgezogen, weitere Termine stehen im August und September an, erklärt Sandra Kesseboom, Sprecherin von Gewobau. Dann steht auch für Ingrid Kister der Umzug an. Anfang September kann die 81-Jährige ihre neue Wohnung am Lionweg beziehen. „Dann sind meine neuen Möbel ja noch gar nicht da“, sagt die Seniorin. „Natürlich kann Frau Kister auch später umziehen. Wir sind ja froh, dass sie uns hier in der Siedlung mit ihrer warmherzigen und freundlichen Art erhalten bleibt“, sagt Stefanie Baehr, die als Sozialarbeiterin der Gewobau viele der Mieter-Gespräche führt.

Die alten Häuser der Siedlung entstanden um 1954 und werden abgerissen.
Die alten Häuser der Siedlung entstanden um 1954 und werden abgerissen. © Socrates Tassos

Ingrid Kister hatte in Sachen Umzug alle überrascht. Im Herbst hatte sie noch angekündigt, dass sie sich kleiner setzen und in eine Seniorenwohnung umziehen wolle. Sie hatte dabei eine Anlage in Rellinghausen im Blick, wo sie eine Bekannte hat. „Wir haben uns darum gekümmert und Frau Kister hätte dort eine Wohnung haben können.“ Die schaute sich die Seniorin auch an – und kam zu dem Entschluss, dass sie doch lieber weiterhin selbstständig in ihrer Heimatsiedlung nahe der Ruhrallee leben möchte. Das Schlafzimmer sei ihr zu groß gewesen und Parterre wolle sie auch nicht wohnen, da sei sie etwas ängstlich, berichtet die 81-Jährige.

Siedlung hieß früher „Schutzmannshausen“

Ingrid Kister war 1952 in die Siedlung gezogen, die damals noch „Schutzmannshausen“ genannt wurde, weil dort viele Polizisten und Evag-Mitarbeiter lebten. „Ich kehre praktisch zu den Wurzeln zurück, habe die ersten zehn Jahre ja am Lionweg gewohnt, bevor wir in die größere Wohnung am Maßmannweg umgezogen sind“, sagt die 81-Jährige. Sie freue sich, dass sie sich auf rund 50 Quadratmetern bald kleiner setzen könne. „Eine Kiste ist schon gepackt, ansonsten sortiere ich erst mal viel aus“, sagt sie. Auf die neuen Möbel freue sie sich jetzt – obwohl sie eigentlich nichts mehr kaufen wollte.

„Da die neue Wohnung nicht so weit weg ist und ich ja noch Auto fahre, kann ich jetzt schon einige Dinge selbst herüberbringen“, ist Ingrid Kister voller Elan. Und zum Lion-Treff, dem Treffpunkt der Mieter, habe sie es dann auch nicht mehr weit, freut sie sich.

Bereits umgezogen ist Ursula Elsmann. Die 77-Jährige wohnte fünf Jahre in der Siedlung und hat vor acht Wochen ihre neue Bleibe an der Töpferstraße bezogen. Sie will den Kontakt zu den früheren Nachbarn halten. „Es war schon ein kleiner Schock, dass das alles hier abgerissen wird, obwohl es ja solche Gerüchte schon länger gab. Ich habe mich aber relativ schnell damit abgefunden“, sagt Ursula Elsmann. Sie sei mit einem lachenden und einem weinenden Auge weggezogen.

Viele Gespräche mit den betroffenen Mietern

Unmittelbar nach der Mieterversammlung im Oktober liefen die Gespräche mit den Verantwortlichen der Wohnungsgenossenschaft, Sozialarbeitern und Mietern an. „Wir haben die Nachricht, dass die Gewobau die Häuser abreißen und neu bauen will, sehr früh kommuniziert, um die Mieter nicht unter Zeitdruck zu setzen“, sagt Sandra Kesseboom. Die Mieter seien zu ihren Wünschen befragt worden und könnten sich durchaus mehrere Alternativen ansehen, bevor sie sich entschieden. Dabei wollten nicht alle im Umfeld bleiben, sondern zögen auch nach Werden oder Altenessen, stellt Thomas Manderscheid fest. Der pensionierte Sozialarbeiter kümmert sich ehrenamtlich um die Belange der Mieter und hat ein offenes Ohr für ihre Sorgen.

Alter Baumbestand soll möglichst erhalten bleiben

Die Wohnungsgenossenschaft Gewobau will innerhalb von fünf Jahren 129 neue Mietwohnungen und 16 Stadthäuser zur Miete errichten. Für die drei Bauabschnitte wird der Altbestand nach und nach geräumt und dann abgerissen. Durch das Neubauprojekt soll der Stadtteil aufgewertet werden. „Neben der Errichtung von frei finanzierten Wohnungen werden auch die Möglichkeiten für sozialen Wohnungsbau geprüft, heißt es seitens der Gewobau. Durch die Vergrößerung der Wohnfläche entstehe zusätzlicher Wohnraum.

„Der alte Baumbestand soll, soweit möglich, erhalten bleiben. Die Häuser werden aus Lärmschutzgründen – die stark befahrene Ruhrallee ist in der Siedlung deutlich zu hören – anders angeordnet als bisher. Zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen sind geplant“, so Gewobau-Sprecherin Sandra Kesseboom.

Die Mieter bekommen innerhalb von Essen den Umzug bezahlt und erhalten – wenn möglich – andere Wohnungen aus dem Bestand der Wohnungsgenossenschaft angeboten. Die Gewobau vermittelt das Umzugsunternehmen, stellt einen Küchenschreiner und zahlt den Mietern zusätzlich 1000 Euro für Unkosten wie Gebühren. Wer den Umzug selbst organisiere, bekomme einen entsprechend höheren Betrag.