Essen-Stadtwald. . Rollstuhlfahrer kommen am Bahnhof Stadtwald nicht zu den Gleisen Richtung Essen-Hauptbahnhof. Die Bahn verspricht den Bau eines Aufzugs für 2018.

Jürgen Voßschulte, Architekt im Ruhestand, lebt unweit des S-Bahnhofs Stadtwald. Der 82-Jährige ist auf den Rollstuhl beziehungsweise seinen flotten Elektroscooter angewiesen. Weil es zu den Gleisen Richtung Essen-Hauptbahnhof nur eine sehr steile Treppe gibt, kann Jürgen Voßschulte nicht auf den Bahnsteig gelangen.

„Ich verreise sehr gern, zum Beispiel an die Nordsee oder auf die Inseln und muss deshalb zum Hauptbahnhof. Und natürlich habe ich auch ab und an in der Innenstadt zu tun“, sagt der Architekt, der mit seiner Lebensgefährtin in der Nähe der Ahorn-Residenz wohnt. Nach einem Schlaganfall 2001 und Herzproblemen mit Bypass-Operation 2008 ist er gesundheitlich angeschlagen und benutzt seit vier Jahren den Rollstuhl. Er zahle als Schwerbehinderter 80 Euro im Jahr für die Bahnfahrten in Deutschland dazu und könne damit auch die S-Bahn benutzen.

Trotz seiner Behinderung verreist der 82-Jährige gern

„Die Treppe zum Bahnsteig Richtung Essen-Hauptbahnhof ist extrem steil und damit für ältere Menschen sowieso kaum benutzbar, geschweige denn für Rollstuhlfahrer“ sagt Voßschulte, der dabei auch an die Bewohner der Ahorn-Residenz denkt. Die Gleise Richtung Düsseldorf seien dagegen gut zu erreichen, da es dort seit einigen Jahren einen Aufzug gebe. Die Folge: Wenn Jürgen Voßschulte zum Essener Hauptbahnhof fahren will, muss er erst die S-Bahn Richtung Düsseldorf – in die entgegengesetzte Richtung – nehmen, dort über den ebenfalls nicht behindertengerechten Bahnhof Hügel bis nach Werden fahren und dann in die Gegenrichtung umsteigen.

Rollstuhlfahrer hat Ideen für Rampen-Standort

„Ich komme dann auf der Rückfahrt an ,meinem’ Bahnhof Stadtwald wieder vorbei und muss eigentlich lachen, wenn es nicht so traurig wäre“, sagt Voßschulte. Mit diesem Umweg benötige er mindestens eine dreiviertel Stunde zum Essener Hauptbahnhof.

Unterhalb der Ahorn-Residenz könnte sich Jürgen Voßschulte eine Rampe für Rollstuhlfahrer gut vorstellen.
Unterhalb der Ahorn-Residenz könnte sich Jürgen Voßschulte eine Rampe für Rollstuhlfahrer gut vorstellen. © Stefan Arend

Ein teurer Aufzug sei gar nicht unbedingt erforderlich. „Es würde ja schon ein Abgang in Form einer Rampe reichen“, so der 82-Jährige. Das könne nicht so teuer und aufwendig sein, vermutet er und hat auch Vorschläge, an welchen Orten ein solcher Abgang zu realisieren wäre. „Direkt hinter dem Seniorenheim, wo die Mülltonnen stehen, könnte man einen Abgang schaffen, auch wenn das Gelände dort noch relativ steil ist“, sagt Voßschulte.

Für die Abfallcontainer könnte man doch sicherlich einen Alternativstandort finden. Je weiter man auf dem Bahnsteig Richtung Essen-Hauptbahnhof komme, desto flacher werde das Gelände und desto weniger aufwendig sei eine Rampe. „Da braucht man doch nur den Hang abtragen und die Böschung roden.“

Aufzug wird im Bereich der Treppenanlage errichtet

Am S-Bahnhof Stadtwald ist der Bahnsteig Richtung Düsseldorf bereits 2012/13 teils barrierefrei ausgebaut worden. „Für den Bahnsteig Richtung Essen-Hauptbahnhof gilt dies in der Tat derzeit nicht, so dass mobilitätseingeschränkte Personen leider alternative Fahrtrouten wählen müssen“, so ein Bahnsprecher.

Die gute Nachricht für Rollstuhlfahrer wie Jürgen Voßschulte: Die Bahn will im Rahmen der zweiten Modernisierungsoffensive künftig auch den Bahnsteig Richtung Essen-Hauptbahnhof ausbauen und so gestalten, dass er stufenfrei erreichbar ist. „Hierfür wird ein Aufzug im Bereich der Treppenanlage errichtet. Die Arbeiten werden nach derzeitigem Stand voraussichtlich im Sommer 2018 beginnen“, so ein Bahnsprecher.

Man habe im Rahmen der Planungen für den Ausbau auch die Errichtung einer Rampe geprüft. Da eine solche Rampe aufgrund ihrer Längenausdehnung aber viel Raum benötige, habe sich die Deutsche Bahn aufgrund der örtlichen Gegebenheiten entschieden, einen Aufzug zu bauen.

Mitarbeiter der Servicezentrale können helfen

Der Bahnsprecher weist außerdem darauf hin, dass Reisenden mit Mobilitätseinschränkung die entsprechende Servicezentrale der Bahn zur Verfügung stehe. Die Kollegen dort könnten bei der Planung einer Reise im Hinblick auf Barrierefreiheit helfen. Sie würden auch alternative Fahrtmöglichkeiten empfehlen, wenn eine Station auf der geplanten Route nicht barrierefrei sein sollte. Die Servicezentrale ist unter 0180/65 12 512 zu erreichen (20 Cent aus dem Festnetz, Tarif bei Mobilfunk maximal 60 Cent pro Anruf).

Bis 2023 will die Bahn in Nordrhein-Westfalen mehr als 150 Bahnhöfe für rund eine Milliarde Euro modernisieren und barrierefrei ausbauen. Laut Bahnsprecher werden bis zum Jahr 2019 etwa 80 Prozent der Verkehrsstationen in NRW barrierefrei sein. Auch die Station Essen-Stadtwald gehöre zu diesen 150 Stationen.