Essen-Holsterhausen. . Beim Training im Haus des Sports geht es vor allem um Kraftaufbau und das richtige Fallen. Die Übungen sind für Menschen mit Demenz geeignet.

Sechsmal haben sich die Kursteilnehmer im Haus des Sports getroffen, sechsmal hatten sie Spaß an der Bewegung in der Gruppe und lernten vor allem eines: wie man richtig fällt. Einige der Teilnehmer waren deutlich über 70. Doch unter Demenz litten sie alle nicht, obwohl ihr Kurs doch unter dem Motto „Judo für Demenzkranke“ stand.

„Vielleicht ist der Begriff ein wenig irreführend“, gibt Wolfgang Rohrberg, Geschäftsführer des Essener Sportbundes, zu. Das Angebot, das in diesem Jahr fortgesetzt werden soll, sei durchaus für Menschen mit leichter Demenz geeignet. „Aber in erster Linie geht es darum, Kraft aufzubauen, um fit für den Alltag zu sein“, so Rohrberg.

Wer stark sei, falle nicht so leicht. Und wenn doch, hätten die Kursteilnehmer gelernt, möglichst so zu fallen, dass es nicht zu schweren Verletzungen wie Oberschenkelhalsbruch komme, die im Alter oft zu Komplikationen führten. Je geschmeidiger und gelenkiger man sei, desto weniger schlimme Folgen seien im Fall eines Sturzes zu befürchten. „Nicht stürzen, sondern fallen“, so das Motto von Übungsleiter Rüdiger Kabella. Der 55-jährige Ex-Bergmann legt beim Training mit den Senioren deshalb viel Wert auf die Koordination von Auge und Hand, die beim Abfangen eines Sturzes helfe.

Rüdiger Kabella  leitet als erfahrener Judo-Sportler das Training der Senioren.
Rüdiger Kabella leitet als erfahrener Judo-Sportler das Training der Senioren. © Knut Vahlensieck

Der Judo-Kurs sei auch eine Art Gedächtnistraining, denn die Teilnehmer müssten sich von Woche zu Woche erinnern, was genau bei den einzelnen Übungen mit Arm oder Bein zu tun sei. Je mehr Kraft man aufgebaut habe, um so leichter komme man selbst wieder auf die Beine. „Und selbst beim Tragen der Einkaufstüten oder dem Öffnen eines Glases ist Kraft natürlich von Vorteil“, sagt Rohrberg.

Die Teilnehmer legen keine Gurt-Prüfungen ab

Das Training sei zwar auf den Grundlagen des Judo-Sports aufgebaut, aber die Teilnehmer sollten keine Kämpfe bestreiten, keine Gürtel erringen und keine Prüfungen absolvieren, versucht Wolfgang Rohrberg, Missverständnisse auszuräumen. „Alles wird einfühlsam vermittelt und wir streben den Kontakt mit den Angehörigen an.“ Auch um deren Entlastung gehe es bei dem Angebot. Während die Senioren in der Turnhalle an der Planckstraße trainierten, hätten die Angehören Zeit, Besorgungen auf der nahe gelegenen Gemarkenstraße zu erledigen.

Der Kurs, der im Haus des Sports erstmals angeboten und in Kooperation mit dem Landessportbund und dem NRW-Gesundheitsministerium durchgeführt wurde, ist Teil des Modellprojekts Sport für Menschen mit Demenz.

Trainer kämpfte früher für die JKG Essen

Wolfgang Rohrberg vermutet, dass sich ein solches Angebot erst einmal herumsprechen müsse und geht davon aus, dass das Interesse beim zweiten Kurs Anfang 2017 schon größer sein wird. „Wir haben auch Flyer in Seniorenheimen verteilt“, berichtet Trainer Rüdiger Kabella, der die Teilnehmer behutsam auf die Übungen vorbereitet, indem er ein Aufwärmprogramm mit großen Bällen anbietet.

Kabella selbst kämpfte seit 1974 für die Judo-Kampfgemeinschaft (JKG) Essen, wo er bis heute als Trainer tätig ist. Mit dem Thema Alter, Demenz und Sport habe er sich erstmals ernsthaft auseinandergesetzt, als seine Mutter erste Symptome zeigte.

Kontakt: Telefon 81 460