Essen. . Die „Krimitag“-Besucher unterstützen den Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendliteratur. So spannend war der Abend im Kunsthaus Essen.

Was haben ein smarter Heiratsschwindler, ein tyrannischer Hausmeister, ein erfolgloser Reporter und ein armes Mädchen aus dem London des 19. Jahrhunderts gemeinsam? Sie sind auf die eine oder andere Weise in kriminelle Machenschaften verstrickt. Unter dem Motto „Letzte Lösung Mord“ machte das Publikum am 8. Dezember Bekanntschaft mit diesen illustren Figuren – bei der Essener „Krimitag“-Lesung des Syndikats.

Der Krimistammtisch Ruhr der Autorenvereinigung hatte erneut ins Kunsthaus Essen eingeladen – und zahlreiche Fans spannender Unterhaltung kamen. Sie hörten zu – und spendeten zudem per Klingelbeutel und Buchkauf für einen guten Zweck.

Lockere Ruhrgebietssprache

Die Geschichten, obwohl dem selben Genre angehörend, sind durchaus unterschiedlich konzipiert – was an diesem Abend nicht zuletzt den Reiz fürs konsumierende Publikum ausmachte. Eher im Hardboiled-Stil kommt „Die Abdreher“ daher, der dritte Krimi von Thomas Schweres, in dem Reporter Tom Balzack und Kommissar Georg Schüppe ein ungleiches Ermittlergespann bilden.

Thomas Schweres
Thomas Schweres © Socrates Tassos

Die Sprache ist ruhrgebietstypisch locker. Das am „Krimitag“ repetierte Kapitel spielt in einem Einrichtungshaus in Witten – und bot dem Publikum im Kunsthaus heftigst Anlass zum Amüsement über den nichts ahnend als Lockvogel dienenden Schreiberling Tom Balzack, der mit seiner Freundin eigentlich nur einen Hocker kaufen wollte.

Ebenfalls mit Schmunzelfaktor:

Klaus Heimann
Klaus Heimann © Socrates Tassos

die Episode „Er liebte sie alle“ aus dem Krimi-Erstling „Taxi zum Nordkap“ von Klaus Heimann, die der Autor mit sonorer Stimme vortrug. Ein Heiratsschwindler, der einen Koffer voller erbeuteten Geldes bei sich führt, erinnert sich auf der Taxifahrt an seine verschiedenen Streifzüge in der Damenwelt, die jedes Mal bedauerlicherweise mit seinem „Tod“ endeten.

Bis auf die Bekanntschaft mit Helga. Die ihm als lukrativ erscheinende Verbindung mit der Essenerin nimmt einen für ihn ganz unerwarteten Verlauf: Sie ist sein weibliches Pendant – und erleichtert ihn zur Abwechslung mal um ein hübsches Sümmchen.

Im London des 19. Jahrhunderts

Ins London von 1864 (also bevor Sherlock Holmes ermittelte) begab sich Anne Breckenridge, die eigentlich Christiane Dieckerhoff heißt, in ihrem Historienkrimi „Engel der Themse“ mit den Zuhörern. Denen es stellenweise nicht nur aufgrund des wabernden englischen Nebels mulmig zumute wurde, sondern auch wegen der sich anbahnenden Entführung eines Kindes. Nervenkitzel pur, der wie die Krimikostproben zuvor Lust zum Weiterlesen machte.

Die Bücher wurden am „Krimitag“ ebenfalls für den guten Zweck verkauft.
Die Bücher wurden am „Krimitag“ ebenfalls für den guten Zweck verkauft. © Socrates Tassos

So war denn auch der Büchertisch Anziehungspunkt in der Pause. Gelegenheit zum Gespräch mit den Autoren und zum Kauf für den guten Zweck: Mehr als 500 Euro gehen an den Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendliteratur Essen. Deren Vorsitzende Dagmar Mägdefrau, ebenfalls eine eifrige Krimileserin, wie sie gesteht, war hoch erfreut: „Das hilft uns, ein praktisches Faltzelt für unseren mobilen Einsatz auf Spielplätzen und in Parks anzuschaffen.“ Ebenso konnte Mädgefrau den Bollerwagen des Vereins gut gefüllt mitnehmen – die Autoren steuerten Krimiliteratur für junge Menschen bei.

Das Finale, das die Organisatoren Mischa Bach, Arnd Federspiel und Reinhard Jahn dann einleiteten, war eine Art „Weltpremiere“. Die Autoren des Krimistammtischs Ruhr (Gesine Schulz, Ursula Sternberg, Almuth Heuner komplettierten das Team) schritten auf der Bühne zur gemeinschaftlichen Tat. Mit verteilten Rollen lasen sie die kurzweilige Geschichte „Ein ehrenwertes Haus“ von Mischa Bach, in der es dem fiesen Hausmeister Satonski schön-gemein an den Kragen geht. Letzte Lösung Mord halt.

>> Hintergrund „Krimitag“

An dem von Krimifans in Deutschland, Österreich und der Schweiz begangenen „Krimitag“ erinnern die Autoren mit Lesungen an den Todestag des Schweizers Friedrich Glauser (1896-1938). Glauser gilt als der Urahn des deutschsprachigen Kriminalromans und ist der Namenspatron des Friedrich-Glauser-Preises, mit dem die Autorengruppe „Das Syndikat“ jedes Jahr die besten Krimis auszeichnet. Die Krimiautoren treten jedes Jahr am „Krimitag“ unentgeltlich auf und spenden die Erlöse der Veranstaltungen jeweils einer karitativen Organisation vor Ort.