Essen-Bredeney. . Australier schult die Bewegungsfähigkeit der Kinder durch Rugby. Die Krupp-Stiftung unterstützt das Projekt, das wissenschaftlich begleitet wird.
Als die Eltern der evangelischen Kindertagesstätte am Brandenbusch erstmals hörten, dass ihre Kleinen Rugby spielen sollten, mag so mancher erstmal geschluckt haben. Gilt Rugby doch als eher rauer, körperbetonter Sport mit komplizierten Regeln. Inzwischen hat sich die Skepsis gelegt. Die Beteiligten seien begeistert von dem Projekt, erste Erfolge bereits sichtbar, betont Kathrin Becker, Leiterin der Kita in Trägerschaft des Diakoniewerks.
Jeden Montag trifft sich eine kleine Gruppe Kinder mit Andrew Whitton (45). Der Australier bringt als Muttersprachler seit Jahren die Kita-Kinder mit Englisch in Kontakt, seine Stelle wird durch die Eltern finanziert. Das Rugby-Projekt läuft seit September und wird wissenschaftlich von der Uni Essen-Duisburg begleitet. Ein Antrag der Kita auf Unterstützung durch die Krupp-Stiftung wurde positiv beschieden. „Wir freuen uns sehr, dass wir 1400 Euro für die Anschaffung von dicken Matten, Schutzkleidung und anderen Ausrüstungsgegenständen erhalten haben“, sagt Kathrin Becker.
Andrew Whitton ist seit drei Jahren Co-Trainer des Grashof-Rugbyclubs Essen, der in der zweiten Bundesliga antritt. „Für Australier ist Rugby eine Sportart wie hier Fußball. Im Sommer wird Cricket gespielt im Winter Rugby“, schildert Andrew Whitton seine frühen Erfahrungen mit der Sportart. Das Rugby-Projekt in der Bredeneyer Kita laufe auch unter dem Aspekt der Gewalt- und Aggressionsprävention. „Die Kinder lernen, sich selbst zu spüren, sie haben Körperkontakt, ohne sich weh zu tun, ohne sich beispielsweise an den Haaren zu ziehen“, so Kathrin Becker.
Der Trainer hält die Sportstunden auf Englisch ab
Die Kinder sollen lernen, ihre eigenen Kräfte richtig einzuschätzen, bei Herausforderungen nicht aufzugeben, Regeln zu beachten und bei allem Siegeswillen fair zu bleiben. Zudem schule Rugby die psychomotorischen Fähigkeiten. „Viele Kinder sind geistig sehr fit, haben aber körperliche Probleme. Dabei ist das Zusammenspiel von Körper und Geist extrem wichtig“, so Kathrin Becker. Sogenannte Ring- und Raufspiele könnten da durchaus helfen. Das Projekt sei mit Unterstützung der Bewegungswerkstatt ins Leben gerufen worden, so dass die Fähigkeiten der Kinder gezielt geschult würden.
„Im Gegensatz zu Fußball und Handball steht beim Rugby der Körperkontakt im Vordergrund“, betont Andrew Whitton, dem es wichtig ist, den Kindern Teamfähigkeit und Respekt vor den anderen und vor dem Schiedsrichter beizubringen. „Die Rugby-Regeln sind kompliziert und davon gibt es gefühlt hunderte, die lernen die Kinder nur ganz langsam nebenbei“, ergänzt er. Die Rugby-Stunden hält er auf Englisch ab – wie alle anderen Aktivitäten, die er mit den Kindern unternimmt.
Die Teilnahme an der Rugby-Gruppe ist freiwillig
„Natürlich ist die Teilnahme an der Rugby-Gruppe freiwillig. Derzeit machen zehn Mädchen und Jungen mit, aber wir würden das gern ausbauen, denn schon in den ersten Monaten lassen sich Fortschritte im Bewegungsverhalten der Kinder feststellen“, so die Kita-Leiterin.
Ein Dozent der Uni Essen, der mit seinen Studenten das Projekt begleitet, habe zu Beginn bereits Fragebögen zu den motorischen Fähigkeiten der Kinder verteilt und ausgewertet. Das soll im Laufe des vorerst auf ein Jahr befristeten Projekts wiederholt werden. Manche Verhaltensveränderungen bei den Kinder dürften sogar die Eltern überrascht haben. „Die Kinder sind nicht mehr so wehleidig, machen im Sinne der Mannschaft auch weiter, wenn das Ohr mal umgeknickt ist und sie früher sofort weinend mit dem Training aufgehört hätten“, beobachtet der Trainer.