Essener Süden. Einmal die Ruhr von unten sehen und nicht nur am Rande auf sie schauen, die Vielfalt des Flusses bewundern und sich überraschen lassen, was es außer Fischen, Pflanzen und Steinen noch alles zu sehen gibt: Diese Gelegenheit bot sich sechs erfahrenen Tauchern.
Erlebnisreich und spannend fing dementsprechend der Tag für die Hobby- und Profitaucher an. Während einer einstündigen Besprechung erfuhren sie alles Wissenswerte über das neu zu erobernde Territorium. „Wir haben speziell über die Topographie der Ruhr und die Gefahren gesprochen. So etwas ist vor Tauchbeginn, gerade wenn man zum ersten Mal im unbekannten Gewässer taucht, sehr wichtig“, erklärt Tauchlehrer Holger Cremer (40). Im Gegensatz zu den letzten Jahren interessierten sich immer mehr Menschen für neuen Trendsport.
Während der Besprechung wurden auch die Einteilung in Teams und die Tauchrouten festgelegt. Ob als Gruppe oder im „Buddy-System“, es wird immer mindestens zu zweit getaucht. Das „Buddy-System“ ist ein Verfahren, bei dem zwei Menschen zusammenarbeiten. So können sie sich gegenseitig besser bei Problemen helfen, was die Sicherheit erhöht.
Doch zurück zur Ruhr. Mühevoll zwängten sich die sechs Teilnehmer in ihre Taucheranzüge, die aus Neopren gefertigt wurden. Weil die Wassertemperatur meist geringer als die Körpertemperatur ist und Wasser Wärme gut leitet, muss der Körper vor dem Auskühlen geschützt werden. Neben der Basisausrüstung, die aus Tauchmaske, Schnorchel und Taucherflossen besteht, verfügte jeder Taucher über eine Gerätetauchausrüstung.
Diese ist weit schwerer und umfasst ein Gesamtgewicht von knapp 30 Kilogramm. Mit Hilfe der Tarierweste, die aufblasbar ist, kann der Taucher den Auftrieb regulieren und weitere Ausrüstungsgegenstände wie Druckluftflasche, Atemregler und Bleigewichte an ihr befestigen. Um während des Tauchgangs den Restdruck des Atemgases im Tauchgerät zu messen, wird ein Finimeter benutzt. Notwendig sind natürlich auch ein Tiefenmesser und ein Tauchkompass, der zur Orientierung in trüben Gewässern dient. Mancher Taucher schnallt sich sogar ein Tauchermesser um die Wade, das bei Notlagen sehr hilfreich sein kann.
Das Anlegen der speziellen Kleidung brauchte seine Zeit. Nach knapp 30 Minuten und einem kaputten Reißverschluss, der den Taucher daran hinderte, die Ruhr mit zu erkunden, konnte es losgehen. Wehmütig schaute er, wie die anderen sich zum Einstieg begaben und einer nach dem anderen sich langsam ins elf Meter tiefe Wasser gleiten ließen. „Eigentlich gehen die Tauchanzüge selten kaputt. Doch wenn es passiert, kann man nichts daran ändern und muss leider an Land bleiben”, erklärt Cremer.
Nachdem alle Taucher ihr Okay in Handzeichen gegeben haben, gehen die sechs auf Erkundungstour. In Dreier-Teams tauchen sie ab, und an der Wasseroberfläche sind nur noch kleine Bläschen zu sehen. Ab und an taucht ein Kopf auf, der sich suchend um die eigene Achse dreht. „Hier rüber, da sind die anderen beiden”, ruft Cremer vom Rand dem Taucher zu.
Durch die trübe Sicht ist es für die Taucher schwierig, ihre Gruppe unter Wasser zu sehen. „Wenn solche Probleme auftreten, dann sucht der Taucher maximal eine Minute und taucht dann auf. Die anderen tun es ihm gleich und so trifft man sich an der Wasseroberfläche wieder”, weiß Cremer. Durch die schlechten Sichtverhältnisse musste die Gruppe dann ihren Tauchgang vorzeitig abbrechen.
„Normalerweise kann man sechs bis acht Meter sehen und findet neben Fischen und Wasserpflanzen auch häufig Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg”, berichtet der Tauchlehrer. Gefunden hätte er allerdings nicht nur Stahlhelm und Pistole, sondern auch Überreste des Steeler Bahnhofs. Die Ruhr einmal aus einer ganz anderen Perspektive.