Stadtmitte/Südostviertel. Der Baum hat starke Wurzeln. Seine Äste sehen an manchen Stellen aus wie Löffel, dann wieder wächst aus ihnen die Tastatur eines Klaviers oder ein Würfel.

„Die Bilder stehen für Esskultur, Musik und Spiel, der Baumstamm für eine starke Kultur”, erklärt Svenja Adamek, während sie mit einem kleinen Pinsel vorsichtig tiefblaue Farbe aufträgt. Die Elftklässlerin der Frida-Levy-Gesamtschule hilft mit beim Bemalen des südlichen U-Bahn-Zugangs am Viehofer Platz. Die Essener Verkehrsbetriebe (Evag) hatten gemeinsam mit Storp 9, dem Haus für Bildung und Kultur, zu diesem Projekt aufgerufen. Mit Hilfe des Künstlers Danijel Brekalo dürfen Jugendliche seit einigen Tagen die Wände des Tunnels neu gestalten. Hellere Farben, vor allem ein leuchtendes Rot, bestimmen nun den U-Bahn-Zugang, und gemalte Rundbögen geben dem Durchgang räumliche Tiefe.

Aufgabe der Jugendlichen war es, Motive zum Thema „Kulturwelten” zu finden und ihre Entwurfsskizzen schließlich auf die Wände zu bringen. Christina Ellermann hat sich von ihrer Vorliebe für Fantasybücher inspirieren lassen: Die Schülerin zeichnet riesige, fliegende Drachen auf die Tunnelwand. „Ich male gerne Drachen, weil ich die so gestalten kann, wie ich will. Da gibt es kein Richtig oder Falsch”, sagt sie. Abtauchen in die Welt der Fantasiegestalten – nur eine Möglichkeit, das Motto umzusetzen. Andere Jugendliche, unter anderem von der Schule am Steeler Tor und der Theodor-Goldschmidt-Realschule, haben sich etwa für Michael Jackson als Vertreter einer ganzen Popkultur, Mangawesen oder den Limbecker Platz als Sinnbild für die Shopping-Generation, entschieden.

„Den Schülern tut es gut, so ein Projekt von den Entwürfen bis zur Realisierung mitzuerleben”, sagt Kunstlehrer Peter Dreist von der Frida-Levy-Gesamtschule, der seine Kunstkurse des elften Jahrgangs motivieren konnte, mitzumachen. Viele Schüler kämen trotz Klausurenphase nachmittags zum Viehofer Platz, um weiter in „ihrem” Tunnel zu arbeiten. „Mir gefällt an diesem Projekt, dass es die Jugendlichen darin bestärkt, sich mit ihrer Umgebung zu identifizieren”, sagt Klaus-Peter Wandelenus, Technischer Vorstand der Evag. „Die Aktion dient somit auch ganz klar der Vandalismusprävention.”

Ursprünglich sollten nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene und Senioren an der Gestaltung mitwirken. „Wir haben im Vorfeld 18 soziale Institutionen und Orte der Begegnung angeschrieben und um Beteiligung gebeten”, sagt Florian van Rheinberg, Projektleiter vom Storp 9. Es hätten sich jedoch nur Schulen und einzelne interessierte Jugendliche zurückgemeldet – keine Erwachsenen. „Hier müssen wir wohl noch viel Vorarbeit leisten, um eine so erhebliche Aktivierung der sozialen Landschaft zu erwirken.”

In etwa zwei Wochen soll der U-Bahn-Zugang fertig bemalt sein - nachdem Künstler Danijel Brekalo die Motive der Jugendlichen noch mit einer einheitlichen Farbgebung vollendet hat. Florian van Rheinberg hofft, dass sich Schmierereien an den neu gestalteten Wänden in Grenzen halten werden. „Wir betreuen seit fünf Jahren derartige Wandgestaltungen. Größere Zerstörungen haben sich bisher in Grenzen gehalten.”