Essen-Rüttenscheid. Hauptamtliche Mitarbeiter übernehmen die Leitung der beiden Gemeinden: Dadurch soll sich der Pastor auf die Seelsorge konzentrieren können.
Während an anderen Stellen in der Stadt Kirchenschließungen drohen, stehen die beiden katholischen Gemeinden in Rüttenscheid vor einer personellen Umstrukturierung. So geht Pastor Helmut Mühlenberg, bislang verantwortlich für die Gemeinde St. Andreas, in den Ruhestand. Pastor Oliver Scherges aus der Nachbargemeinde St. Ludgerus und Martin wird künftig die seelsorgerischen Aufgaben für beide Gemeinden übernehmen.
Um sich darauf konzentrieren zu können, wird die Gemeindeleitung mit all ihren Verwaltungsaufgaben in neue Hände gelegt, die Stellen sind derzeit ausgeschrieben. Im Interview sprechen die beiden Pfarrer über die Veränderungen – in Rüttenscheid und im Bistum Essen insgesamt.
Zentralisierungsprozess wurde Ende der 1990er-Jahre angestoßen
Herr Mühlenberg, wie fühlt es sich an, nach 41 Jahren in den Ruhestand zu gehen?
Helmut Mühlenberg: Spannend. Ich werde nach meiner Verabschiedung am 5. November eine dreimonatige Sabbatzeit einlegen, die ich größtenteils im Kloster Schlägl im Böhmerwald verbringe. Das habe ich bewusst so gewählt, damit die Umstrukturierung hier auf den Weg gebracht werden kann, ohne dass sich jemand dabei von mir beäugt fühlt. Sobald ich zurück bin, helfe ich ehrenamtlich in beiden Gemeinden aus.
Sie waren selbst elf Jahre lang in St. Nikolaus in Stoppenberg tätig. Was macht es mit Ihnen, wenn Sie von den Schließungsplänen lesen?
Helmut Mühlenberg: Mit jeder Kirche, die wir schließen, verlieren wir Menschen. Das habe ich auch schon dem früheren Ruhrbischof Felix Genn gesagt, als dieser Ende der 1990er-Jahre den Zentralisierungsprozess der Pfarreien anstieß. Schon damals habe ich ein ähnliches Modell vorgeschlagen wie jenes, das nun in Rüttenscheid umgesetzt wird. Der Priestermangel lässt uns ja kaum eine Wahl.
Neu-Organisation beginnt mit Besetzung neuer Stellen
Müssen die Menschen in den Gemeinden nun fürchten, dass ihr Pastor kaum noch Zeit für Sie hat?
Oliver Scherges: Nein, genau deswegen haben wir die Leitungen der beiden Gemeinden ja aktuell ausgeschrieben. Die Abstimmung der Gottesdienste in der Pfarrei, die Teilnahme an Pfarrgemeinderatsitzungen und viele weitere Verwaltungsaufgaben fallen dann nicht mehr in meine Verantwortung. Diese Arbeit übernehmen künftig hauptamtliche Mitarbeiter, das können etwa Diakone oder Gemeindereferenten sein. Dadurch kann ich mich ganz auf die seelsorgerische Arbeit konzentrieren, wie etwa Trauergespräche zur Vorbereitung einer Beerdigung. Die Neu-Organisation tritt erst dann in Kraft, wenn die beiden Stellen besetzt sind. Diese Umverteilung der Aufgaben bietet die Chance, Rüttenscheid als Ganzes zu begreifen – und die Möglichkeit, Seelsorge an Ort und Stelle weiter zu betreiben.
Die Zeiten im Bistum sind unruhig: Wie gesichert ist der Erhalt der beiden Kirchen in Rüttenscheid?
Helmut Mühlenberg: Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Schließung unserer beiden Kirchen kein Thema. Kirche hat immer etwas mit Beheimatung zu tun. Das Bistum will immer weiter zentralisieren, dabei erreichen wir die Leute nur dann, wenn wir vor Ort in den Gemeinden präsent sind.
Ungewöhnlich viele Taufen in Rüttenscheid
Wie müssen sich die beiden Gemeinden künftig aufstellen, um die Menschen in Zeiten zunehmender Kirchenaustritte zu erreichen?
Oliver Scherges: Ein Merkmal beider Gemeinden ist die immer noch große Anzahl an jungen Menschen. Zwar gehören nicht alle zu regelmäßigen Gottesdienstbesuchern – die Anzahl der Trauungen und Taufen zeigt aber, dass diese Sakramente vielen auch heute noch wichtig sind.
Woran machen Sie das fest?
Oliver Scherges: In beiden Gemeinden zusammen werden wir am Ende des Jahres mehr als 80 Kinder getauft haben, was ungewöhnlich viel ist. Das liegt daran, dass der Stadtteil Rüttenscheid jüngere Menschen anzieht und viele hier ihre Familie gründen. Aus diesem Grund haben wir schon vor einiger Zeit einen Kleinkindergottesdienst ins Leben gerufen, der gut angenommen wird. Ich könnte mir vorstellen, dass wir solche Angebote für junge Familien mit kleinen Kindern noch erweitern.