Essen-Bredeney. Mit-Autor des Buchs über Bredeneyer Friedhöfe hatte zum Rundgang eingeladen. 60 Bürger hörten Anekdoten über bekannte Persönlichkeiten.

Der Bredeneyer Friedhof hat schon länger einen etablierten Status als Essener Sehenswürdigkeit – vor allem dank des Kruppschen Friedhofs mit den beeindruckenden Monumentalgräbern der Industriellenfamilie. Bei einem Rundgang wurde jetzt deutlich, dass man anhand der Gräber viel über den Stadtteil lernen kann.

Dass der Friedhof an der Westerwaldstraße noch deutlich mehr zu bieten hat als die Krupp-Gräber, ist spätestens seit der Veröffentlichung des Buches „Bredeneyer Friedhöfe – Menschen, Momente und Geschichte(n)“ kein Geheimnis mehr. Das Autorenteam hat mit dem Werk, das in der ersten Auflage bereits nach sechs Wochen vergriffen war, einen beeindruckend detaillierten Friedhofsführer geschaffen, der den Leser anhand der Grabstätten und der beigesetzten Persönlichkeiten auf eine Zeitreise in die Stadtteilgeschichte mitnimmt.

Mehr als 60 Interessierte waren am Sonntag auf den Bredeneyer Friedhof gekommen, um diese Zeitreise einmal hautnah zu erleben. Co-Autor des Buches und Friedhofsexperte Michael Ludger Maas freute sich besonders über den großen Andrang bei der ersten Friedhofsführung in Bredeney seit langer Zeit: „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass so viele Interessierte kommen. Das ist natürlich ein schönes Zeichen.“ Sein Anliegen ist es, keine Friedhofsführung gleich zu gestalten. „Es gibt immer die Möglichkeit, unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen und auch mal Anekdoten zu erzählen, die nicht im Buch stehen.“

Und so zog der Tross quer durch die Gräberfelder – mit über 60 Personen kann das schon einmal eng werden. „Natürlich schauen wir uns nicht nur die großen Gräber der Prominenten an den Hauptwegen an, sondern auch die Ruhestätten bekannter Bredeneyer Familien. So wird der Rahmen zur Geschichte des Stadtteils geschlossen“, erklärt Maas, der auch auf gestalterische Besonderheiten des Friedhofs hinwies: „Sie werden hier keine Grabfigur doppelt sehen – das war nach den Statuten des Friedhofs nicht erlaubt.“

Natürlich wird es dann doch besonders eng, wenn es das Grab einer berühmten Persönlichkeit zu sehen gibt. Dass Berthold Beitz und die Krupps da nicht fehlen dürfen, erklärt sich von selbst. Doch oft erzählen die unscheinbaren Gräber die spannendsten Geschichten. Dazu zählt definitiv das von Benno Strauß, seines Zeichens Erfinder des rostfreien Stahls und langjähriger Chefentwickler bei Krupp. Obwohl in seiner Wahlheimat Essen und in seiner Geburtsstadt Fürth Straßen nach ihm benannt wurden, ist sein Grab vollkommen verwahrlost: Der massive Grabstein liegt umgestoßen in der Rhododendron-Hecke, eine Grabbepflanzung gibt es nicht. „Es muss ja nicht gleich ein Ehrengrab sein, aber hier könnte die Stadt Essen durchaus tätig werden“, meint Michael Ludger Maas.

Erkenntnisse für die Raumfahrt

Ein weiterer in Bredeney beigesetzter Prominenter, auf dessen Grab man nicht auf Anhieb stößt, ist Walter Hohmann. Neben seinem recht unspektakulären Beruf als Stadtbaurat beschäftigte er sich als Hobby mit der Raumfahrt. Ihm gelangen dabei bahnbrechende theoretische Erkenntnisse, die sogar Einzug in das amerikanische Apollo-Programm fanden und ohne die die Mondlandung von 1969 vielleicht gar nicht möglich gewesen wäre.

Den Gästen der Führung wurde schnell klar – ein Rundgang über den Friedhof ist deutlich mehr als nur die Besichtigung von Gräbern. Man könnte sagen: Die Geschichten rundherum machen den Friedhof lebendig.