Essen-Rüttenscheid. . Seit 21 Jahren führt Susanne Kötter das Café und die Konditorei ihrer Familie in zweiter Generation. Teil II unserer Serie „Gastronomie-Gesichter“.

Wer die Geschichte der Konditorei Kötter erzählen will, der kommt um starke Frauen nicht herum. Seit 21 Jahren führt Susanne Kötter den Familienbetrieb, den ihre Eltern Felicitas und Heinz am 1. März 1959 an der Saarbrücker Straße gegründet haben.

Kennengelernt haben sich der Bäcker und Konditor und die Hauswirtschafterin damals als Angestellte im traditionsreichen Café Imhoff, das noch bis in die 1960er-Jahre an der Rüttenscheider Straße 76 die vornehme Gesellschaft mit Kaffee, Kuchen, Klatsch und Tratsch versorgte. Doch die ehrgeizige Felicitas Kötter – heute 82 Jahre alt – will etwas Eigenes aufbauen; ihr Ehemann bringt die nötige Handwerkskunst und Liebe für Kuchen und Backwaren mit. Relativ schnell gewinnen die beiden eine große Stammkundschaft, gründen außerdem eine Familie. Es läuft gut. „Damals haben meine Eltern bis zu drei Cafés gleichzeitig geführt, auch am Saalbau“, erinnert sich Susanne Kötter an Zeiten, in denen der Sonntags-Café mindestens so en Vogue war wie heutige „Afterwork-Partys“. Sie wächst mit einem älteren Bruder und einer jüngeren Schwester auf. Alle drei müssen im geschäftigen Familienbetrieb früh lernen, Verantwortung zu übernehmen. Das gilt umso mehr, als der Vater 1978 stirbt. „Eine schwierige Zeit. Für uns Kinder, aber auch für meine Mutter, die den gesamten Betrieb allein aufrecht erhalten musste. Meine Schwester war damals erst sechs“, erinnert sich Susanne Kötter.

Ein angestrebtes Kunststudium opfert sie schließlich dem Familienunternehmen. „Für unsere Mutter war es wichtig, dass wir eine Lehre in der Tasche haben, um schnell auf eigenen Füßen zu stehen“, sagt die 52-Jährige. Sie absolviert schließlich eine Ausbildung zur Hotelfachfrau – bei niemand geringerem als Zwei-Sterne-Koch Berthold Bühler, mit dem sie bis heute eine „tiefe Freundschaft“ verbindet. Für den jüngst bekannt gewordenen Rückzug des Patrons und das Ende der Résidence hat sie großes Verständnis: „Er hat den Ruhestand mehr als verdient und ich freue mich für ihn. Dieser Job verlangt einem so viel ab, da muss man irgendwann einen Schlussstrich ziehen“, sagt Susanne Kötter, die den enormen Alltagsstress selbst nur zu gut kennt.

Warum sie das Café 1995 dennoch übernahm und selbst als alleinerziehende Mutter ihrer wenig später geborenen Tochter Katharina nicht vor der Verantwortung zurück scheute? „Ich hätte es ohne Kuchenduft im Haus nicht ausgehalten, außerdem wollte ich das Lebenswerk meines Vaters aufrecht erhalten“, sagt Susanne Kötter, die so manchen süßen Klassiker bis heute nach den alten Rezepten backt: „Die römische Marzipantorte von meinem Vater gibt es bei uns noch immer.“

Dennoch ist die resolute Mittelständlerin keine Freundin des Beschönigens: „Gerade das Traditionshandwerk ist immer mehr gebeutelt durch ständig wachsende Auflagen. Wir müssen Experten in allem sein: Steuerrecht, Marketing, dazu Stundenprotokolle schreiben und Allergene bis ins Kleinste aufführen. Am Ende bleibt immer weniger Zeit für das Produkt – und das darf nicht sein.“ Trotz dieser steigenden Herausforderungen und langer Arbeitstage, würde sie nie in Trott verfallen wollen: So ist sie mit ihrem Team im Sommer auf vielen Gourmetmeilen vertreten, hat außerdem kürzlich den modernen Anbau ihres Cafés an der Rüttenscheider Straße 73 eröffnet. Zum einen wolle sie ihrer großen Leidenschaft für Kunst dort noch mehr Raum geben, zum anderen auch Kurse anbieten und eine jüngere Kundschaft ansprechen: „Ich arbeite gerade viel mit essbaren Blüten und Kräutern, um Torten zu dekorieren, will das Ursprüngliche und Natürliche des Handwerks gerne vermitteln“, sagt Susanne Kötter, die auf Fertig-Mischungen für Kuchen und Torten verzichtet. Susanne Kötter: „Das nimmt dem Handwerk seinen Charme.“