Essen-Rüttenscheid. . Die noch junge Reihe „Betonmusik“ der Jazz-Offensive Essen möchte sich auf keinen Stil festlegen. Teil sieben unserer Serie „Hier spielt die Musik“.

John Dennis Renken pustet zunächst Luft durch seine Trompete, ohne ihr dabei einen Ton zu entlocken; Patrick Hengst erzeugt einzig mit seinen Schlagzeugstöcken Geräusche, die an eine knarzende Schallplatte erinnern: Was der in experimentellem Jazz ungeübte Zuhörer zunächst für eine Art Soundcheck hält, gehört bereits zum ersten, etwa 20-minütigen Stück der Session im Goethebunker.

Die improvisierten Klänge an Piano, Kontrabass, Schlagzeug und Trompete lassen unweigerlich Bilder im Kopf entstehen, erinnern erst an die Vertonung eines Horrorfilms, werden dann optimistischer und enden schließlich in einem lauten Finale. „Gut, dass wir geprobt haben“, kommentiert Renken selbstironisch das Stück mit dem Namen „Stella by Starlight“.

Trotz niedriger Decken und dicker Mauern ist die Klangqualität im Bunker überraschend gut. „Mich hat dieser Ort von Anfang an fasziniert“, sagt Patrick Hengst, Vorsitzender der Jazz-Offensive Essen (JOE). „Betonmusik“ tauften Hengst und seine Mitstreiter die Reihe, die seit dem vergangenen Jahr jeden ersten Mittwoch im Monat den Bunker an der Goethestraße belebt. Experimentierfreudig wolle man sein, sich auf kein Genre festlegen. „Es gibt hier also nicht nur improvisierten Jazz“, sagt Hengst, der ebenso wie seine Musikerkollegen an der Folkwang-Universität studierte.

Tanzfläche als Zuschauerraum

Wo sonst am Wochenende bis in den Morgen getanzt, geflirtet und gefeiert wird, sind an diesem Abend ein paar Stuhlreihen aufgebaut worden, die sich nur langsam füllen. „Beim letzten Mal waren 50 Leute da“, erzählt Patrick Hengst, „im Schnitt kommen 20 bis 40 Gäste.“ Tatsächlich trifft das Konzert an diesem Abend sicherlich nicht den breiten Massengeschmack und zieht vor allem treue Fans der kleinen aber feinen Essener Jazz-Szene an.

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„Popularmusik, Singer-Songwriter-Bands oder eben Jazz, denkbar ist hier alles. Wir wollen aber immer überraschen und nicht austauschbar sein“, erklärt Patrick Hengst. Dabei fügt sich die vergleichsweise neue Reihe in die „Soundtrips NRW“ ein, die die Jazz-Offensive schon länger Im Goethebunker organisiert. Unterstützt durch das Landes-Kultursekretariat, werden mehrmals im Jahr internationale Künstler verpflichtet, die in aktuell 14 beteiligten Städten spielen. Zusätzlich werden sie durch regionale Musiker unterstützt.

Warum Essen eine weitere Reihe wie „Betonmusik“ brauche, diese Frage stellt sich für den passionierten Jazzmusiker natürlich nicht: „Es ist schön, selbst etwas auf die Beine zu stellen und die Live-Musikszene hier weiter zu beleben.“

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