Essen-Stadtwald. . Die Hobbyfotografin Claudia Anders aus Stadtwald bat drei Tage lang 35 Frauen vor die Linse. Für eine Ausstellung werden Sponsoren gesucht.
Claudia Anders ist nervös. „Ich bin halt keine gelernte Fotografin“, sagt sie und dreht die große Kamera in ihren Händen. „Ich habe mir das selbst beigebracht.“ Dabei sieht es ziemlich professionell aus, wie die blonde Frau in Jeans, Blazer und pinken Sportschuhen in dem großen Fotostudio steht und 35 Models ablichtet. Das Thema der Kampagne: Respekt.
Die Hobby-Fotografin aus Stadtwald, die eigentlich Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfin gelernt hat, hatte Angela Merkels Neujahrsansprache im Fernsehen verfolgt. Die Bundeskanzlerin sprach von Selbstbewusstsein, Freiheit, Weltoffenheit und vom Grundgesetz. Die Bilder von den Übergriffen der Silvesternacht in Köln waren für Claudia Andres noch frisch im Gedächtnis. „Die Stelle ,Die Würde des Menschen ist unantastbar’ schwirrte mir den ganzen Tag im Kopf herum“, sagt sie.
Seitdem studiert Claudia Anders Gesetze und Urteile zu häuslicher Gewalt, Stalking, sexueller Belästigung. Gewalt gegen Frauen – ob sexuell oder nicht – ist ein Thema, das sie aufwühlt. „Es hat den Wunsch in mir geweckt, etwas zu tun“, erklärt Andres. „Ich habe auch mal einen vor die Nase bekommen. Und ich habe den Fehler gemacht, den Mund zu halten.“
Darum hat sie ihrem Fotoprojekt den Namen „Wir haben eine Stimme“ gegeben. Anders lichtet 35 Frauen ab, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ob 20 oder 82, Tänzerin oder Hausfrau – die Frauen stehen im Mittelpunkt. Vor einer grauen Wand halten sie alle ein Schild in den Händen, darauf ein Wort in Lautschrift: Stolz, Mut, Würde, Respekt, Handeln. „Die Frauen dürfen sich den Begriff aussuchen, mit dem sie sich am besten identifizieren können.“ Der Rest bleibt so, wie er ist. „Die Fotos sind schwarz-weiß, ansonsten bearbeite ich sie nicht. Ich mache die Frauen nicht schöner, nicht dicker oder dünner. Ich fotografiere sie so, wie sie sind.“
Jede Frau bringt ihre Geschichte mit
Die Idee scheint einen Nerv bei den Essenerinnen getroffen zu haben. Die Models haben sich über Claudia Anders’ Facebook-Seite gemeldet und über einen Aufruf in der Stadtteil-Zeitung. Nur eine Hand voll Frauen kannte die Hobby-Fotografin zuvor persönlich, die anderen lernt sie bei den Aufnahmen kennen. „Jede Frau bringt ihre eigene Geschichte mit. Und viele von ihnen haben schon selbst verbale oder körperliche Angriffe erlebt“, erzählt Anders. „Vor allem die älteren Frauen kämpfen schon lange für Gleichberechtigung und wollten unbedingt dabei sein.“
Die Fotos sollen auf Facebook erscheinen und in einer eigenen Ausstellung, falls Claudia Anders genügend Sponsoren findet. Und vielleicht mache sie eine ähnliche Aktion noch einmal mit Männern. „Aber heute stehen die Frauen im Mittelpunkt.“