Essen-Rüttenscheid. . Seit 17 Jahren engagiert sich Bärbel Märzenacker als „Grüne Dame“ im Krupp-Krankenhaus, wo sie Kranke betreut.

Es war eine Krankheit, die Bärbel Märzenacker mit sich selbst konfrontierte. „Suchen Sie sich den Sinn Ihres Lebens“, hatte ein Arzt der damals 47-Jährigen geraten. Heute, 17 Jahre später, hat sie unzählige Stunden an Krankenbetten zugebracht, Trost gespendet oder einfach nur zugehört. Für sich hat sie mindestens einen Teil dieses Sinns gefunden, als guter Geist für Menschen, denen es nicht mehr gut geht – als ehrenamtliche Grüne Dame bei der Diakonie.

„Ich habe das Gefühl, ich bin hier auch ein bisschen zu Hause“, sagt sie diesen Satz, der für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen ist. Denn die Station im Rüttenscheider Krupp-Krankenhaus, die sie Donnerstag für Donnerstag für ihren fünfstündigen Dienst aufsucht, ist alles andere als ein leichtes Parkett. Bärbel Märzenacker arbeitet seit fünf Jahren in der Onkologie, der Krebsstation des Hauses, und kümmert sich um schwer erkrankte Menschen. „Ich bin angekommen, das weiß ich ganz sicher“, unterstreicht sie.

Kristin Kranz (72) nickt zustimmend. Sie hat selbst 13 Jahre lang im Krupp-Krankenhaus den grünen Kittel getragen, acht davon als Einsatzleiterin. Und wenn sie nicht eine schwere Krankheit an den Rollstuhl fesseln würde, dann wäre sie noch heute dabei. „Ich habe früher immer gesagt, Grüne Dame sein ist wie eine Sucht“, sagt sie. „Es kann aber auch Therapie sein“, widerspricht Bärbel Märzenacker und beide müssen lachen. Sie sind Freundinnen geworden im Krankenhaus, treffen sich hier immer noch regelmäßig.

Da zupacken, wo im Pflegealltag keine Zeit ist

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Claudia Hartmann, Koordinatorin für das Ehrenamt beim Diakoniewerk Essen, erläutert: „Man braucht schon Aufgeschlossenheit. Die Grünen Damen und Herren kommen, um das Menschliche in den Einrichtungen mitzuverfolgen.“ Zuwenden, zuhören, sich Zeit nehmen, so könnte man die Aufgabe der Freiwilligen, die weder Arzt noch Seelsorger oder Sozialarbeiter sind, zusammenfassen. Dazu gehört auch manchmal Ungewöhnliches, etwa dem Erkrankten die Lieblingszeitung zu besorgen. Dinge, die im streng ökonomisierten Pflegewesen aus Zeitmangel kürzer ausfallen oder nicht stattfinden.

„Natürlich werde ich auch gefragt, was ich denn eigentlich hier mache. Dann erkläre ich, dass wir für die Patienten da sind und oft kommt man sehr schnell ins Gespräch“, berichtet Bärbel Märzenacker. Die Familie, Ängste, die Krankheit, manchmal auch Lebensüberdruss – meistens „schafft“ sie pro Dienst um die drei Gespräche und was dabei besprochen wird, ist nicht leicht zu nehmen. „Patienten stehen den Grüne Damen und Herren häufig viel offener gegenüber, eben weil sie ihre Angehörigen schonen wollen, aber dennoch viel Redebedarf haben“, erläutert Claudia Hartmann.

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Viel hat Bärbel Märzenacker in den vergangenen 17 Jahren erlebt. Der 40-Jährige vor der Abreise ins Hospiz, der für die Grüne Dame in der ersten Reihe „da oben“ einen Platz frei halten wollte; der Vorzeigepatient, der mit Ende 20 schon schwer erkrankt ist und die mehr als 30 Jahre ältere Grüne Dame mit seiner Lebenskraft beeindruckt; der Abschied von einer 64-jährigen Patientin, die Bärbel Märzenacker vier Jahre lang besucht hat: „Ich träume sehr viel, aber ich kann nicht sagen, dass mich das belastet. Die Erlebnisse geben mir viel und wenn man jemandem helfen konnte, ist das ein richtiges Glücksgefühl“, schildert sie. Wieder nickt Kristin Kranz zustimmend: „Das Gefühl bei einem Patienten gelandet zu sein, ist unbeschreiblich.“