Essen-Haarzopf. . Die marode Kirche an der Raadter Straße ist nach dem Einbau neuer Holzleimbinder wieder standfest. Pfarrer verlässt die Gemeinde nach 16 Jahren.
Endlich Land sieht die evangelische Gemeinde Haarzopf bei ihrem Mammut-Projekt, der Sanierung der Kirche an der Raadter Straße. Derzeit werden die letzten Holzleimbinder eingebaut, die das Gewölbe tragen. Wenn diese Arbeiten abgeschlossen sind, ist die Kirche wieder standfest. „Das war unser erstes Ziel. Dass wir es erreicht haben, werden wir mit einem Richtfest am Samstag, 19. September, gemeinsam feiern“, sagt Pfarrer Guido Quinkert.
Von 17 bis 20 Uhr trifft sich die Gemeinde vor und in der Kirche, bei gutem Wetter wird unter der Blutbuche nebenan gegrillt und mit einem Schnaps ganz zünftig auf den Teilerfolg angestoßen. Die Kindergartenkinder werden „Wer will fleißige Handwerker sehen“ singen. Pfarrer Quinkert wird sich bei allen Beteiligten, vor allem auch bei den vielen Spendern, bedanken, die geholfen haben, das Großprojekt bis zu diesem Punkt zu stemmen.
Für die Kirchensanierung braucht die Gemeinde einen langen Atem. Seit Juni 2012 ist das denkmalgeschützte Gotteshaus, das als erster moderner Kirchenbau im Rheinland gilt, geschlossen. Damals plante die Gemeinde in Vorbereitung des 100-jährigen Bestehens der Kirche, das 2013 gefeiert werden sollte, einige Schönheitsreparaturen am Gebäude. Dabei stellte sich heraus, dass die Holzleimbinder-Konstruktion komplett marode und das Gewölbe damit einsturzgefährdet war.
Auf den ersten Schock folgte die Suche nach der richtigen und finanzierbaren Lösung. „Wir haben uns entschlossen, die Kirche wieder herzurichten, wie sie vor 100 Jahren war“, sagt Pfarrer Quinkert. Eine Million Euro wird das insgesamt kosten. Eine halbe Million Euro erhielt die Gemeinde aus öffentlichen Geldern und Stiftungsmitteln, rund 100 000 Euro kamen an Spenden zusammen, 300 000 Euro gab die Gemeinde aus ihren Rücklagen dazu. „Jetzt fehlen noch 90 000 Euro, das dürfte zu schaffen sein“, so der Pfarrer. „Für mich war es ein sehr bewegender Moment, als die riesigen Holzleimbinder per Kran durch das Dach in die Kirche gehoben wurden“, erinnert sich Quinkert. Wenn die neuen Holzleimbinder, die die alten jetzt umschließen, komplett installiert sind, muss das für die Kirche charakteristische Tonnengewölbe mit einer Gips-Konstruktion neu hergerichtet werden. Für die Arbeiten war es komplett abgerissen worden.
Zum Jahreswechsel könne man damit wohl beginnen, schätzt der Pfarrer. Später erfolgt der Innenanstrich in den besonderen Farben, die den Charakter der Kirche prägen. „Da wird der Denkmalschutz wachen, dass am Ende alles so aussieht wie früher“, sagt der Pfarrer.
Noch ein Scheunen-Weihnachtsfest
Altarraum und Empore sind von den Arbeiten nicht betroffen und derzeit noch zum Schutz mit Holzplatten von der Baustelle abgetrennt. Der Pfarrer rechnet damit, dass die Kirche im zweiten Halbjahr 2016 wieder genutzt werden kann. „Die Gemeinde wird hoffentlich nur noch einmal Weihnachten in der Scheune feiern“, spielt er auf die Notlösung der vergangenen Jahre an.
Der Tag des Richtfestes am 19. September ist für Pfarrer Guido Quinkert (58) und die ganze Gemeinde sicherlich ein Tag der Freude. Dennoch wird ihn mancher mit gemischten Gefühlen erleben, denn einen Tag später, am Sonntag, 20. September, verabschiedet sich Pfarrer Quinkert, der das Projekt die Jahre über betreute, im Gottesdienst um 10.30 Uhr im Gemeindezentrum Fulerum nach 16 Jahren von seiner Gemeinde.
Quinkert ist bereits an den Niederrhein in die Nähe von Moers gezogen, um sich um seine alte Mutter zu kümmern. „Ich freue mich, dass ich das Richtfest noch mitbekomme und werde sicherlich an der Einweihung der restaurierten Kirche als Gast teilnehmen“, sagt Quinkert, der eine dreiviertel Stelle hatte und sich die Arbeit in der Gemeinde mit Pfarrerin Elisabeth Müller teilte.
„Sie geht jetzt auf eine volle Stelle, da es leider keinen zweiten Pfarrer für Haarzopf mehr geben wird“, erklärt Quinkert. In den nächsten Tagen werde er sich von vielen Menschen in der Gemeinde verabschieden.
Die Haarzopfer Gemeinde war Quinkerts erste Pfarrstelle. Vorher war er zehn Jahre lang als Studentenpfarrer tätig. Vorerst will er sich seinen privaten Aufgaben widmen, sich vielleicht in einigen Jahren nach einer neuen Pfarrstelle umsehen. „Ich werde natürlich mit Interesse verfolgen, wie es hier weitergeht, aber eben nicht mehr als Verantwortlicher“, wird Guido Quinkert seiner langjährigen Wirkungsstätte verbunden bleiben.