Essen-Haarzopf.. Siglinde Retzlaff schließt ihr Geschäft mit Postschalter aus Altersgründen. Ältere Kunden befürchten weite Wege. Die Post sucht einen neuen Partner.


Ende September schließt Siglinde Retzlaff ihr Geschäft „Briefe & mehr“ mit Postfiliale an der Raadter Straße 24. 15 Jahre führte sie den Laden mit ihrer Tochter Diana Dedek, die vergangenen neuneinhalb Jahre war dort die Post-Filiale untergebracht.

Siglinde Retzlaff hört aus Altersgründen auf. „Ich werde 70 Jahre alt. Die Arbeit hat immer Spaß gemacht, aber wir konnten nie Urlaub machen“, blickt die Geschäftsfrau zurück, die mit einem lachenden und einem weinenden Auge geht. Ihre Tochter allein könne die Arbeit nicht bewältigen, wechsele deshalb in einen anderen Laden. „Für die vielen älteren Leute hier im Stadtteil, die Angst vor weiten Wegen haben, hoffe ich, dass es eine neue Postfiliale geben wird“, sagt Siglinde Retzlaff.

„Wir suchen bereits nach einem neuen Partner“, bestätigt Rainer Ernzer von der Pressestelle der Deutschen Post. Wenn ein Einzelhändler in Haarzopf Interesse habe, eine Postfiliale zu beherbergen, könne er sich gern melden. Einzelheiten könne man dann aushandeln. Natürlich habe man seitens der Post Wunschvorstellungen, zum Beispiel, dass die Filiale ebenerdig erreichbar sei und es Parkplätze vor der Tür gebe. „Wenn aber sonst alles stimmt, lassen sich da durchaus Kompromisse finden“, sagt Ernzer. Wichtig sei nur, dass es Platz für eine „gelbe Ecke“ gibt.

Chef und Mitarbeiter des neuen Partners würden vor der Neueröffnung geschult, in der Startphase stehe den Mitarbeitern zwei Wochen lang ein Trainer mit Rat und Tat zur Seite. „Gut wäre es, wenn es in Haarzopf einen nahtlosen Übergang gäbe. Notfalls werden wir eine Interimsfiliale mit eingeschränkten Öffnungszeiten einrichten“, erklärt Ernzer. Man wolle auf die Bedürfnisse der Bürger eingehen. Die Kooperation mit der Post sei sowohl für bestehende Einzelhandelsgeschäfte interessant, als auch für Existenzgründer.

Reine Postfilialen würden sich laut Ernzer heute nicht mehr wirtschaftlich mit kundenfreundlichen Öffnungszeiten betreiben lassen. Deshalb sei man im Zeitalter von E-Mails und Online-Kommunikation dazu übergegangen, mit Einzelhändlern zu kooperieren, sei es im Bereich Lebensmittel, Schreibwaren, Lotto, mit Baumärkten oder Tankstellen, die ja oft noch länger geöffnet seien. Die erste Partnerfiliale habe die Post 1991 eröffnet. Seit den 2000er-Jahren praktiziere man das im großen Rahmen. Der Einzelhändler verdiene an Postprodukten mit und ziehe gleichzeitig neue Kunden an, die so auch sein Sortiment kennenlernen würden. Die Kooperation habe sich vielfach bewährt.