Essen-Holsterhausen. Die SPD hatte Jugendamtsleiterin Annette Berg eingeladen. Tenor: Nicht nur die Zahl der Plätze zählt, auch die Qualität der Betreuung.
Seit dem 1. August 2013 haben Kinder mit Vollendung des ersten Lebensjahres, bis sie drei Jahre alt werden, einen gesetzlichen Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagesmutter. Das beschloss die Bundesregierung, um das Angebot von Kita-Plätzen auszubauen. Soweit die Theorie. Aber wie sieht der Kita-Ausbau in der Praxis aus?
Dieser Frage ging die SPD Holsterhausen nach und lud sich für ihre öffentliche Mitgliederversammlung mit Jugendamtsleiterin Annette Berg und Jürgen Schroer, dem Leiter des Kinder- und Familienbüros des Jugendamts, fachliche Unterstützung ein.
„Gute Bildung von Anfang an“ lautete dabei die Überschrift, unter der die SPD-Mitglieder im Otto-Hue Haus, dem Seniorenheim der Arbeiterwohlfahrt, über die Kinderbetreuung in Holsterhausen diskutierten.
Weiterbildung von Erziehern
Jürgen Schroer brachte die knapp 20 Teilnehmer zunächst auf den aktuellen Stand, wie es um das Betreuungsangebot in ihrem Stadtteil bestellt ist. Für 38 Prozent der Kinder unter drei Jahren sei inzwischen ein Kita-Platz vorhanden, ein Wert, der laut Schroer für Holsterhausen aber nicht ausreiche: „Wir haben seit 2012 einen Anstieg des Angebots um zwölf Prozent erreicht. Wegen der großen Arbeitgeber in diesem Stadtteil, wie dem Klinikum, werden wir das Angebot aber über die 40-Prozent-Marke hinaus ausbauen müssen.“
40 Prozent sollten, ginge es nach den Plänen der Bundesregierung, bereits im August 2013 erreicht worden sein. Das Ziel habe sich aber vor allem für westdeutsche Großstädte als nicht umsetzbar erwiesen. So seien im gesamten Stadtbezirk III nur für 33 Prozent der Kinder bis drei Jahren Plätze in einer Kindertagesstätte vorhanden.
Der Ausbau des Angebots solle aber nicht nur die Zahl der Plätze erhöhen, wie Schroer betont: „Wir wollen auch die Qualität der Kitas verbessern, zum Beispiel im Bezug auf Mehrsprachigkeit und flexiblere Öffnungszeiten.“ Im Optimalfall soll für jede Familie eine Einrichtung im Umkreis von einem Kilometer erreichbar sein. Für Marcus Juchem, SPD-Mitglied aus Holsterhausen, ist entscheidend, dass die Angebote der Kindertagesstätten nicht nur als Unterbringungsmöglichkeit der Kinder für berufstätige Eltern gesehen werden: „Der Bildungsauftrag sollte immer im Vordergrund stehen.“ Das dürfe ihm zufolge beim Kita-Ausbau nicht außer Acht gelassen werden.
Annette Berg stellte im Anschluss das Zehnjahresprogramm „Kinderarmut bekämpfen – Teilhabe ermöglichen“ der Stadt gegen Kinderarmut vor. „Es kann nicht jedes Kind die Schule mit dem Abitur abschließen, aber das ist auch nicht entscheidend. Wir wollen die Sozialisation der Kinder fördern, damit sie Netzwerke schaffen können, von denen sie später profitieren“, erklärt Berg. Die Weiterbildung von Erziehern ist ein Teil des Programms. Für sogenannte „Plus-Kitas“, die eine hohe Anzahl von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf haben, bietet das Jugendamt zum Beispiel Teamfortbildungen an, um die Erzieher für das Thema Kinderarmut zu sensibilisieren.
Die anschließende Diskussion offenbarte, wie bedeutend die frühe Förderung für Kinder ist. Vielen Problemen, die im jugendlichen Alter auftreten, könne man entgegenwirken. In Holsterhausen ist nach den Neubauten der Kitas an der Planckstraße (2013) und an der Diergardtstraße (2014) eine weitere Einrichtung bereits geplant: 2017/18 soll in den entstehenden „Cranachhöfen“ am Holsterhauser Platz eine neue Kindertagesstätte eröffnet werden.